Karl Nolle, MdL
DER SPIEGEL 29/2008, Seite 40, 13.07.2008
RECHTSEXTREMISTEN: Geheimer Gönner
Ein schwedischer Geschäftsmann mit intensiven Kontakten zur NPD hat in Berlin ein millionenteures Anwesen gekauft. Entsteht in der Hauptstadt ein Neonazi-Zentrum?
Die Allee in Berlin-Zehlendorf gehört zu den feineren Adressen der Hauptstadt. Stattliche Anwesen säumen die stille Straße, luxuriöse Bungalows in parkähnlichen Anlagen - und ein kleines Konsulat.
Auch die Villa mit Seezugang fügt sich ins Ambiente. Entlang der Auffahrt des Grundstücks parken eine Mercedes-Limousine und ein Geländewagen. Das Areal ist mit Metallzäunen und Überwachungskameras gesichert - offenbar legt der Resident großen Wert darauf, nicht gestört zu werden.
Von deutschen Staatsschützern etwa, die sich seit geraumer Zeit für den Hausherrn interessieren. Patrik Brinkmann, 41, gilt als Führungsfigur im internationalen Rechtsextremismus. In der von ihm gegründeten "Kontinent Europa Stiftung" hat der schwedische Geschäftsmann die erste Riege europäischer Rechtsradikaler versammelt. Er unterhält enge Kontakte zu neofaschistischen Kreisen in Spanien und Italien - und zur deutschen NPD.
Bisher agierte Brinkmann höchst diskret aus der schwedischen Provinz. Doch neuerdings scheint er seine politischen Aktivitäten in die deutsche Hauptstadt verlegt zu haben. Verfassungsschützer registrierten jedenfalls besorgt, dass sich Brinkmann und seine Gattin Svetlana im vergangenen Jahr die stattliche Immobilie sicherten.
Am 26. April 2007 unterzeichnete Brinkmann bei einem Berliner Notar den Kaufvertrag für die Zehlendorfer Luxusvilla. Er selbst spricht von einem "rein privaten Kauf". Der Preis, immerhin 3,3 Millionen Euro, war für den völkischen Geschäftsmann offenbar kein Problem. Brinkmann handelte dabei als Bevollmächtigter seiner Ehefrau, die offiziell Eigentümerin der Immobilie ist und auch anderes Vermögen halten soll, von dem ihr umtriebiger Gatte profitiert. Hintergrund dieses Manövers dürften jahrelange Prozesse mit den schwedischen Steuerbehörden sein, die Brinkmann erst Ende des vorigen Jahres zu seinen Gunsten entscheiden konnte.
In seinem neuen Berliner Domizil beobachteten Nachbarn schon kurz nach dem Einzug merkwürdige Aktivitäten. Regelmäßig fuhren dunkle Limousinen vor, denen Herren in Begleitung von Bodyguards entstiegen. Auch Vorstandsmitglieder der "Kontinent Europa Stiftung" sollen das Anwesen besucht haben. Die Stiftungsarbeit, verrät ein Insider, könne demnächst von Berlin aus koordiniert werden.
Seit 2004 versammelt Brinkmann in der bislang unter einer Postfachadresse ("Box 167") im schwedischen Jönköping firmierenden Stiftung ultrarechte Intellektuelle aus ganz Europa, wie den rechten Professor Pierre Vial aus Frankreich oder den ehemaligen Gorbatschow-Berater Wjatscheslaw Daschitschew. Die Blut-und-Boden-Ideologen von Madrid bis Moskau verbinde ein krudes Weltbild, so das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz. Die Stiftungsmitglieder träumten vom Aufbau einer weißen "großeuropäischen Zivilisation". Damit solle dem "physischen Tod" durch Einwanderung aus anderen Erdteilen und dem "politischen Tod" durch den Amerikanismus entgegengewirkt werden.
Besonders beunruhigt die Staatsschützer, dass zu Brinkmanns Führungsschar zwei NPD-Aktivisten gehören: Lutz Dessau, Autor der Parteizeitung "Deutsche Stimme" und Mitarbeiter der Schweriner NPD-Landtagsfraktion, ist Mitglied im Direktorium. Der ehemalige Waldorf-Lehrer Andreas Molau, Mitglied im NPD-Bundesvorstand, sitzt im Vorstand der Stiftung.
Vermutlich steckt Brinkmann auch hinter einem weiteren Immobilienkauf in Deutschland. Im Mai 2007, wenige Tage nach dem Erwerb der Zehlendorfer Villa, kaufte Andreas Molaus Ehefrau im brandenburgischen Rauen für 200 000 Euro ein stattliches Landgut, in dem offenbar ein Schulungszentrum für NPD-Nachwuchskader entstehen sollte. Dabei trat Frau Molau für eine obskure schwedische Firma auf, die unter derselben Postfachadresse wie Brinkmanns Stiftung residierte, "Box 167". Molau mochte die Geldgeber nicht nennen, es handele sich um "ausländische Investoren", die anonym bleiben wollten.
Brinkmann ließ sich ausführlich über den Fortgang des Projekts informieren - mitunter von NPD-Chef Udo Voigt. Der Kontakt zu ihm wurde in der Parteispitze wie eine geheime Kommandosache behandelt. In der internen Kommunikation vermieden es die Kameraden tunlichst, Brinkmanns Namen zu nennen. Sibyllinisch hieß er immer nur "unser Freund".
Zwar droht das deutsch-schwedische Joint Venture zu scheitern, nachdem die Pläne in Rauen publik geworden sind. Der Berliner Immobilienkauf dagegen konnte bisher verheimlicht werden. Dessen Zweck, so weiß ein Stiftungsinsider zu berichten, sei klar: Brinkmann wolle von Zehlendorf aus seinen Einfluss auf die deutsche rechtsextreme Szene ausweiten.
Einen wichtigen Schritt dazu hat der Schwede bereits unternommen. Er hat sich ordnungsgemäß beim Berliner Einwohnermeldeamt registrieren lassen.
SVEN RÖBEL, ANDREAS WASSERMANN