Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 23.07.2008

Wirbel um Strafe für Kinderpornos gegen CDU-Mann

Parteispitze reagiert mit Entsetzen
 
Dresden (DNN). Die Verurteilung des ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Pietzsch wegen Kinderpornografie sorgt für Wirbel in Sachsen. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer reagiert erschüttert. Der Betroffene sieht sich als Opfer.

Mitte Januar wurde Thomas Pietzsch noch als stiller Held gefeiert. Trotz mehrerer schwerer Operationen, hieß es damals in der CDU-Fraktion, habe sich der allseits geschätzte Sozialpolitiker ins Plenum geschleppt. Schließlich stand die heikle Abstimmung zur Kreisreform auf dem Programm im Landtag, und hier zählt jede Stimme. Da verwunderte es auch wenig, dass der Zwickauer kurz danach sein Landtagsmandat niederlegte – „aus gesundheitlichen Gründen“. Heute freilich stellt sich der Fall anders dar. Pietzsch, der Ex-Landeschef des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, war nicht nur im Besitz von Kinderpornos, er ist bereits verurteilt, zu 100 Tagessätzen je 50 Euro (DNN berichtete). Juristisch hat er das Urteil damit akzeptiert und gilt als vorbestraft.

Entsprechend entsetzt reagierten Parteikollegen gestern auf die Nachricht. „Ich bin menschlich enttäuscht und auch verärgert“, sagte CDU-General Michael Kretschmer. Es sei zwar möglich, Pietzsch wegen ehrenrührigen Verhaltens aus der CDU auszuschließen. Ob dies notwendig sei, ließ Kretschmer offen. Pietzsch sei bereits jetzt „aus der Gesellschaft ausgeschlossen“ und somit genug gestraft. Gleichzeitig demonstriert der Fall laut Kretschmer, dass der Rechtsstaat funktioniere. Das Straftat sei aufgeklärt und entsprechend geahndet worden.

Pietzsch sieht die Lage etwas anders. Er habe lediglich „als Innenpolitiker“ zu Kinderpornografie recherchiert, sagte er gestern. Als er im Herbst vergangenen Jahres ins Fadenkreuz der Ermittler geraten sei, habe er sich aber nicht juristisch gewehrt, sondern sei zurückgetreten und habe am Ende das Urteil akzeptiert – „auch zum Schutz meiner Familie“. Durch die späte Veröffentlichung der Vorwürfe sei er nun zum „Opfer“ geworden.

Das will der Zwickauer Oberstaatsanwalt Holger Illing nicht akzeptieren. Im Falle von Pietzsch handele es sich nicht um eine zufällige Einzeltat. Vielmehr gebe es acht Fälle, und das Amtsgericht Zwickau habe auch acht Einzelstrafen verhängt, die in den 100 Tagessätzen zusammen gefasst worden seien. Dabei sei auch ein externer Gutachter hinzu gezogen worden. Das Material sei im Zuge der bundesweiten „Aktion Himmel“ gegen mutmaßliche Nutzer von Kinderpornografie von Ermittlern aus Sachsen-Anhalt gekommen. Eindeutig habe Pietzsch Kinderpornos selbst herunter geladen. „In der Regel sind das kostenpflichtige Seiten“, sagte Illing.

Finanziell hat dies für den gelernten Diplomingenieur Pietzsch keine weiteren Folgen. Nach Angaben von Landtagssprecher Ivo Klatte führt die Verurteilung nicht zum Verlust von Pensionsansprüchen. Politisch allerdings ist der Fall noch nicht ausgestanden. In Dresden halten sich hartnäckig Gerüchte, die frühere CDU-Fraktionsspitze sei seit Dezember über die Kinderporno-Vorwürfe informiert gewesen – habe diese aber unter der Decke gehalten. Offiziell bestätigt wurden diese gestern nicht. Pietzsch sagte dieser Zeitung, lediglich Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) habe im Zuge der drohenden Aufhebung der Immunität Kenntnis erhalten. Auch habe er selbst Iltgen informiert, er trete „aus gesundheitlichen und anderen Gründen“ zurück.

Pietzsch ist nicht der erste Fall dieser Art im sächsischen Landtag. Im November 2006 war der ehemalige NPD-Abgeordnete Matthias Paul wegen des Verdachts der Kinderpornografie zurückgetreten. Er selbst bestreitet das. Das Amtsgerichts Meißen will das Verfahren Ende September eröffnen.
Von JÜRGEN KOCHINKE