Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 05.09.2008
Jeder siebte Sachse erhält staatliche Hilfe
Statistik: Freistaat über Durchschnitt / Sozialforum Leipzig für Mindestlöhne
Wiesbaden/Leipzig (maj/dpa). Jeder Zehnte in Deutschland ist auf finanzielle Hilfe des Staates angewiesen. Sachsen liegt über dem Bundesdurchschnitt von 10,1 Prozent. Hier bezieht jeder Siebte staatliche Hilfe.
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) gestern in einer erstmals zusammengestellten Erhebung mitteilte, erhielten Ende 2006 rund 8,3 Millionen Menschen Transferleistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme. Dies kostete den Staat insgesamt 45,6 Milliarden Euro. Zur sozialen Mindestsicherung zählen Arbeitslosengeld II beziehungsweise Sozialgeld (Hartz IV), Sozialhilfe, Leistungen für Asylbewerber und Kriegsopferfürsorge. Die Statistik wurde erstmals veröffentlicht.
„Im regionalen Vergleich zeigt sich, dass vor allem die Menschen in den Stadtstaaten und den neuen Bundesländern 2006 verstärkt auf Leistungen der Mindestsicherung angewiesen waren“, berichtete das Bundesamt. Jeder fünfte Berliner bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, aber nur jeder Zwanzigste in Bayern. Auch Sachsen liegt mit 14,1 Prozent der Hilfebezieher über dem Bundesdurchschnitt. Etwas besser schneidet Thüringen ab (siehe Tabelle).
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Soziale Mindestsicherung Empfänger am Jahresende 2006
(Prozent an der Gesamtbevölkerung)
20,1 Berlin
17,7 Mecklenburg-Vorpommern
17,5 Bremen
16,6 Sachsen-Anhalt
14,5 Brandenburg
14,1 Sachsen
13,9 Hamburg
12,7 Thüringen
10,8 Nordrhein-Westfalen
10,4 Schleswig-Holstein
10,3 Niedersachsen
10,1 Bundesdurchschnitt
9,7 Saarland
9,0 Hessen
7,5 Rheinland-Pfalz
5,7 Baden-Württemberg
5,3 Bayern
(Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder)
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Hartz-IV-Empfänger insg.: 7 283 493 (40,5 Mrd. Euro)
davon:
Arbeitslosengeld II: 5 310 821
Sozialgeld: 1 972 672
Sozialhilfe insgesamt: 763 809 (3,7 Mrd. Euro)
davon:
Grundsicherung im Alter: 681 991 (3,2 Mrd. Euro)
Asylbewerber: 193 562 (0,9 Mrd. Euro)
Kriegsopferfürsorge: 59 849 (0,5 Mrd. Euro)
Quelle: Destatis, Stand Jahresende 2006
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Sachsens Sozialministerin Christine Clauß (CDU) forderte eine investitionsfreudige Politik, um die Beschäftigungsquote zu steigern. „Für die Staatsregierung gilt zuerst: Sozial ist, was Arbeit schafft. Je mehr Menschen Arbeit finden, umso weniger stellt sich das Problem von staatlichen Leistungen“, sagte Clauß der Leipziger Volkszeitung. Es bestehe aber auch die Verpflichtung, denjenigen zu helfen, die sich nicht durch eigene Arbeit den Lebensunterhalt verdienen könnten, obwohl sie es wollten. „Unser Augenmerk gilt dabei besonders den Kindern von Leistungsbeziehern. Für deren Bedürfnisse gelten andere Maßstäbe als für Erwachsene“, so Clauß.
Die in diesem Zusammenhang diskutierte Höhe des Hartz-IV-Regelsatzes erzürnt das Sozialforum Leipzig. Forscher der TU Chemnitz hatten einen Betrag zwischen 132 Euro und 278 Euro pro Monat als ausreichend bezeichnet. „Dazu fällt einem nichts mehr ein. Eine absolute Frechheit“, sagte Sozialforumssprecher Winfried Helbig. Bedenklich sei, dass immer mehr von ihrer Arbeit nicht mehr leben könnten und staatliche Zuschüsse bräuchten. „Wir brauchen festgelegte Mindestlöhne, um die fortschreitende Entwertung von Arbeit endlich aufzuhalten“, so Helbig.