Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 16.09.2008
SLB-Desaster: Bankenaufseher beschuldigt Landesregierung
DRESDEN - Jochen Sanio (61), Chef der Bankenaufsicht BaFin, wies gestern die Verantwortung für den Sachsen-LB-Crash im Landtags-Untersuchungsausschuss zurück. Zuständig für alle Belange der SLB seien die Gremien und Eigentümer der Bank gewesen. Damit widersprach er Aussagen von Regierungs- und SLB-Vertretern entschieden.
Bereits die zuständige BaFinReferatsleiterin Sabine Bergsen wies den Ausschuss darauf hin, dass sie über Mängel der Bank die SLB-Gremien 16-mal schriftlich und
vier Mal mündlich informiert habe. Klaus Tischendorf (Linke): „Diesen Aufforderungen zum Handeln sind die Finanzminister seit dem Jahr 2000 offenbar nur ungenügend nachgekommen." Damit sei klar, dass die BaFin sehr wohl kontrolliert und auch reagiert habe.
Sanios Aussage selbst verlief für die Ausschussmitglieder unbefriedigend: Zu allen Vorgängen vor dem Crash 2007 konnte er nichts sagen, da er nicht da- mit „operativ befasst" war, zu den Notverkäufen und Krisensitzungen „könnte ich als Zeuge berichten, darf es aber nicht". Das Bundesfinanzministerium verbot entsprechende Aussagen.
Abstrakt konnte Sanio aber nachzeichnen, wofür wer in Banken zuständig ist: „Auch die Landesgremien, Aufsichtsräte und Eigentümer haben die gesetzliche Struktur einzuhalten." Sprich: Auch sie müssen Geschäfte fachlich prüfen. „Die Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten der Eigentümer sind größer als die der BaFin, es ist ja ihre Bank!" Bislang schoben alle Zeugen der Regierung diese Verantwortung ausschließlich der BaFin in Bonn zu.
Karl Nolle (SPD): „Für die fachliche Beurteilung war also nicht die BaFin zuständig, sondern die SLB und der Freistaat als Eigentümer. Milbradt und Co. wurden heute widerlegt. Die Staatsregierung hat die Unwahrheit erzählt." Möglich ist nun, dass Milbradt und andere (Ex-)Regierungsvertreter erneut geladen werden müssen. Die Aussage von Jochen Sanio soll fortgesetzt werden.
Von Jens Jungmann