Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 28.04.2001

"Wo Kurt ist, bin ich glücklich"

Biedenkopfs häufigen Auslandsreisen sind wieder im Gespräch.
 
Wenn jemand eine Reise macht, kann er was erleben. Für Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU), der an diesem Sonnabend von einem dreiwöchigen USA-Tripp zurückkehrt, könnte der Trubel dagegen jetzt erst richtig losgehen. Kabinettskrise, Nachfolge-Debatte und Putzfrauenaffäre haben inzwischen jedes Detail seiner Amtsführung ins öffentliche Blickfeld gerückt. Auch die häufigen Auslandsreisen, mit denen der Politiker seit Jahren auffällt, sind wieder im Gespräch.

Von Dresden nach Zürich, Moskau und New York

Zwölfmal zog es Biedenkopf allein im vergangenen Jahr als Premier oder Bundesratspräsident in die weite Welt: New York, Zürich, Tel Aviv, Moskau, Warschau, Salzburg, Edinburgh, Tallin, Den Haag. Seinem Büro am Elbufer musste er dafür insgesamt 33 Tage fern bleiben und die Amtsgeschäfte Stellvertretern überlassen. Das ist ungewöhnlich. Amtskollegen und Nachbarn wie Manfred Stolpe (SPD) in Brandenburg und Bernhard Vogel (CDU) in Thüringen konnten da nicht mithalten. Beide reisten in der gleichen Zeit acht- bzw. fünfmal per Dienstauftrag in die Ferne. Andere Regierungschefs waren ebenfalls häufiger am Dienstort als ihr sächsischer Kollege. In Rheinland-Pfalz verschlug es Kurt Beck (SPD) zum Beispiel nur fünfmal ins Ausland. Anlass waren meist eintägige Abstecher ins nahe Frankreich und nach Belgien. Heide Simonis (SPD), Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, schaffte nicht mal das. Sie kam lediglich auf drei Tripps.
Der reisefreudige Sachsen-Chef unterscheidet sich aber noch in anderen Punkten von seinen Kollegen. "Wo Kurt ist, bin ich glücklich", hatte Biedenkopfs Ehefrau Ingrid einst einer Illustrierten anvertraut. Ins Ausland begleitete sie ihren Mann vergangenes Jahr gleich fünfmal. Gemeinsam brach man zu Gesprächen mit schottischen Politikern auf, flog zum Symposium "Enjeux Les Pionniers" nach Sardinien und zum Konzert der New York Philharmonics. In vier Fällen war Frau Biedenkopf offizieller Gast. Das Ticket zum World Economic Forum in der Schweiz zahlte sie selbst.

"Sämtliche Reisen ohne Familienangehörige"

Eine Abwechslung, die vielen anderen Regierungschefs versagt blieb. "In keinem Fall haben Familienangehörige an Auslandsreisen teilgenommen", so die Auskunft aus Mainz, Kiel, Potsdam und Erfurt. In der Dresdner Staatskanzlei bemüht man sich um Aufklärung. "Häufig bestehen die Gastgeber auf einer Teilnahme der Ehefrauen", verweist Vize-Regierungssprecher Hartmut Häckel auf zwingende Repräsentationspflichten. Daher sei es auch normal, dass der Freistaat für einen Teil der Reisekosten Ingrid Biedenkopfs aufkomme. Eine Vermischung von Dienstlichem und Privatem gebe es dabei nicht. Auch nicht im Fall der aktuellen USA-Reise. "Je nachdem, ob Herr Biedenkopf als Ministerpräsident, als Bundesratsmitglied oder als Privatmann Termine wahr nimmt, werden natürlich unterschiedliche Rechnungen ausgestellt."
Auch 2001 musste dafür bereits viel gerechnet werden. Im März zog es Kurt Biedenkopf (mit Frau) statt zu einem CDU-Krisengipfel zur Trilateralen Kommission nach London - ein weltweit agierendes Denkergremium, dessen Mitglied er ist. Nach drei weiteren Abstechern (Niederlande, Schweiz und Polen) folgte der Flug in die Staaten - wieder mit Ehefrau. Neben Treffen mit Wirtschaftsbossen und Politikern besuchten Biedenkopfs dort Konzerte, Filmstudios und gute Bekannte: Ex-US-Außenminister Henry Kissinger und dessen Familie.
(von Gunnar Saft)