Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 13.12.2008

„Die Frage stellt sich derzeit gar nicht“

Laut Umfragen gibt es für ein Bündnis von SPD und Linken in Sachsen keine Mehrheit
 
Dresden. Trotz des SPD-Desasters in Hessen gilt Rot-Rot als mögliche Konstellation in bundesdeutschen Landtagen. In Berlin ist ein solches Bündnis an der Tagesordnung, und auch in anderen Ländern liebäugeln Sozialdemokraten mit der Linken als potenziellem Bündnispartner – im Saarland zum Beispiel. In Sachsen hat sich die SPD offiziell nicht festgelegt. Die Beschlusslage lautet: Keine konkrete Koalitionsaussage vor der Landtagswahl, weder Richtung CDU noch Linke. In der Union geht deshalb die Sorge um, dass sich die Sozialdemokraten im Freistaat am Ende doch noch für ein rot-rotes Experiment entscheiden könnten – und die CDU den Kürzeren zöge. Dies entspricht exakt den Wünschen der Linken. Fraktionschef André Hahn wird nicht müde zu betonen, dass es an der Zeit sei, die CDU in die Opposition zu schicken. Dabei hat er durchaus im Blick, dass die SPD im Lande tief gespalten ist. Auf der einen Seite gibt es nicht wenige Sozialdemokraten, die dies ähnlich sehen wie er; auf der anderen existieren in einigen Kreisverbänden heftige Vorbehalte gegenüber Rot-Rot – nicht zuletzt in Leipzig.

Beim Blick auf aktuelle Umfragen allerdings dürften sich die Gemüter ein wenig beruhigen. Nach derzeitigem Stand ist ein Bündnis aus SPD und Linken rechnerisch ausgeschlossen. In den letzten drei Erhebungen kam Rot-Rot gemeinsam nicht einmal in die Nähe einer solchen Option, lavierte vielmehr irgendwo zwischen 35 und 40 Prozent. CDU und FDP dagegen erreichten zusammen rund 50 Prozent. Lediglich in älteren Umfragen registrierten die Demoskopen ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Rot-Rot und Schwarz-Gelb, so im Mai 2008.

Das hat sich auch bei linken Sozialdemokraten herumgesprochen. Der Abgeordnete Karl Nolle zum Beispiel, der keine Gelegenheit auslässt, die CDU-Spitzen zu attackieren, demonstriert Realismus. „Zwar sind die politischen Schnittmengen mit den Linken in Sachsen keineswegs geringer als jene mit der CDU“, sagt er; und natürlich müsse auch ein Bündnis mit der Ex-PDS grundsätzlich möglich sein. Aber: „Die Frage stellt sich derzeit gar nicht.“ Hinzu kommt ein weiteres Problem. In allen Umfragen liegt die Linke vor der SPD, würde also den Regierungschef stellen. Das aber lehnt SPD-Chef Thomas Jurk vehement ab. „Eine Juniorpartnerschaft fällt generell aus“, meint er und will dies „persönlich“ verstanden wissen. Dabei kann sich Jurk darauf verlassen, dass die meisten seiner Spitzengenossen seine Ansicht derzeit teilen. Dahinter steht eine einfache Einsicht: Würde es in den nächsten Jahren zu einem rot-roten Experiment in Sachsen kommen, würde es die SPD zerreißen. Und diese besteht eh nur aus rund 4600 Mitgliedern.
Jürgen Kochinke