Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 20.12.2008
Staatsanwalt tappt in Sachsensumpf-Untiefe
Offener Schlagabtausch um den U-Ausschuss im Landtag
Dresden. Die schwierige Aufklärung der so genannten Sachsensumpf-Affäre hat einen Rückschlag erlitten. Der Parlamentsausschuss im sächsischen Landtag, der korrupte und kriminelle Netzwerke im Freistaat zu untersuchen hat, geht seit gestern nach einem einmaligen Eingriff in seine Tätigkeit auf Konfrontationskurs zur sächsischen Staatsanwaltschaft. Der Vorgang wird wohl Anzeigen nach sich ziehen.
Auslöser war die Mitteilung der Dresdner Staatsanwaltschaft am Donnerstagabend, dass gegen den vermeintlichen Kronzeugen im Untersuchungsausschuss ein Verfahren wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Aussage eingeleitet wurde. Der mit Juristen gut besetzte Ausschuss schäumte. So war die Befragung des Leipziger Kripobeamten Georg W. weder beendet noch abschließend protokolliert worden, empörte sich Johannes Lichdi (Grüne). Nach geltendem Recht ist ein Zeuge bis zum Abschluss seiner Aussage, in der er sich noch korrigieren kann, von Strafverfolgung verschont.
So drängte sich den Abgeordneten geradezu der Verdacht auf, hier werde auf die Arbeit des Untersuchungsausschusses politisch Einfluss genommen, um den Zeugen einzuschüchtern und womöglich zu diffamieren. In einer Erklärung der Ausschussmitglieder von Koalition und Opposition wird darauf verwiesen, dass „keinerlei Voraussetzung" für diesen Verdacht gegeben sind. Dass die Staatsanwaltschaft „ohne jede Rückfrage beim Ausschuss" und "ohne Sitzungsprotokoll" ein Verfahren einleitete, brachte die Abgeordneten auf die Palme.
Als gestern der SPD-Obmann Karl Nolle bei der Generalstaatsanwaltschaft Strafanzeige gestellt hatte, machte die Behörde eine Stunde später ein Rückzieher: Das Verfahren werde eingestellt, „da die Tat strafrechtlich noch nicht verfolgbar ist", erklärte Sprecher Oberstaatsanwalt Christian Avenarius. Es sei ein Fehler passiert. Nolle bleibt eisern: „Meine Anzeige bleibt. Hier ist der Tatbestand der Verfolgung Unschuldiger erfüllt." Ausschuss-Chef Klaus Bartl (Linke), für den „diese Allmachtsfantasie der Staatsanwälte" einmalig ist, deutete weitere Anzeigen an – so vom Anwalt des Zeugen. Ohne die elementare Voraussetzung sei ein Verfahren eröffnet und billigend in Kauf genommen worden, dass „ein Unschuldiger verleumdet wird". Das ganze habe für ihn den „bösen Anschein, als soll eine selbstständige Beweisaufnahme im Ausschuss verhindert werden".
VON UWE KUHR
Link zum vollständigen Text der Strafanzeige