Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 08.01.2009
CDU stellt Qimonda-Hilfspaket in Frage
Die Regierungsfraktion will keine Verantwortung für den möglichen Verlust von Steuergeldern übernehmen.
Nur einen Tag, nachdem sich Sachsens Staatsregierung für ein Darlehen über 325 Millionen Euro für den Chiphersteller Qimonda ausgesprochen hat, gibt es neue Unruhe um die Rettungsversuche für das angeschlagene Dresdner Unternehmen.
Überraschend trat gestern CDU-Fraktionschef Steffen Flath vor die Presse und erklärte, dass seine Fraktion zwar ebenfalls das Qimonda-Werk erhalten wolle, es aber ablehne, die dafür notwendige Summe über einen Nachtragshaushalt zu finanzieren. Eine Neuauflage des aktuellen Landeshaushaltes war zuvor von Sachsens Finanzminister Georg Unland in Aussicht gestellt worden, falls die 150 Millionen Euro fällig werden, mit denen sich der Freistaat am geplanten Rettungs-Darlehen beteiligen will.
Die Gründe für das Veto der CDU-Fraktion sind vielschichtig. Offiziell wird erklärt, dass neue Haushaltsverhandlungen nur unnötig Zeit kosten. CDU-Abgeordnete wie der frühere Ministerpräsident Georg Milbradt verweisen zudem darauf, dass selbst bei Katastrophen wie der Jahrhundertflut oder der Krise um die Landesbank kein Nachtragshaushalt aufgelegt worden sei.
Streit mit dem Finanzminister
Die gewichtigeren Gründe dafür, dass die Christdemokraten das Parlament aus der Qimonda-Rettungsaktion heraushalten wollen, dürften jedoch woanders liegen. Etliche Abgeordnete erklärten gestern auf einer Fraktionssitzung, dass sie den Chip-Hersteller längst auf dem Pleite-Weg sehen. Falls das Werk später aber tatsächlich in Konkurs gehe, dürfe man sich nicht dem Vorwurf aussetzen, dessen Ende mit 150Millionen Euro Steuergeld noch künstlich verlängert zu haben, hieß es.
Die Rolle des Buhmanns soll deshalb im Notfall offenbar allein der Staatsregierung zufallen. Wie jetzt bekannt wurde, gibt es zwischen Fraktionschef Flath und Finanzminister Unland wegen eines möglichen Nachtragshaushaltes schon seit Wochen Streit – ohne dass man sich einigen konnte. Die CDU-Fraktion besteht weiter darauf, dass die Regierung die notwendigen Mittel in eigener Regie aus dem aktuellen Landesetat beschafft – inklusive des Risikos, dass das Geld bei einer späteren Qimonda-Pleite verloren ist.
Unlands Ministerium gab sich gestern betont gelassen: Man werde erst einmal weiter mit Qimonda verhandeln und eben später sehen, wie man das Ergebnis umsetzt.
Unklar bleibt allerdings, wie sich die offenkundige Uneinigkeit der sächsischen Landespolitiker auf diese Verhandlungen auswirkt. So steht weiter die Forderung des Freistaates im Raum, dass sich der Mutterkonzern Infineon stärker für die Rettung von Qimonda engagieren muss. Eine Reaktion darauf gibt es bisher nicht. Gleichzeitig werden Kritiker lauter, die den Bund und die EU stärker in der Pflicht sehen. Verwiesen wird auf die 3000 Arbeitsplätze und die Einzigartigkeit des Dresdner Halbleiter-Standortes für den Wirtschaftsraum Europa.
Bei anderen Landtagsfraktionen sorgt der plötzliche CDU-Schwenk unterdessen für Verärgerung. Der Koalitionspartner SPD spricht von einer „irrationalen Handlung“ und erklärt, man hoffe auf die Rückkehr der Vernunft bei der CDU. Linke, Grüne und FDP sprachen sich eindringlich für einen Nachtragshaushalt aus. An CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich erging die Aufforderung, endlich ein Machtwort in seiner Partei zu sprechen.
Von Gunnar Saft