Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 25.01.2009
Wer noch alles einen Orden verdient hat
Sächsisch betrachtet von Gunnar Saft
DER Dresdner Semperoper sei Dank: Seit man dort einen „Sächsischen Dankesorden“ erfunden hat, um Berühmtheiten aus der A-, B- und C-Kategorie zum alljährlichen Opernball zu locken, bieten sich für uns Normalbürger völlig neue Möglichkeiten. Darauf verwies diese Woche der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle. Seinen Recherchen nach kann sich nämlich jedermann die Auszeichnung kaufen – bei einem Dresdner Juwelier. Möglich ist das, weil es sich bei dem „Orden“ um ein ganz normales Schmuckstück handelt, welches schon seit Längerem Touristen als Souvenir angeboten wird. Laut Herrn Nolle gibt es die Dinger sowohl für den großen als auch für den kleinen Geldbeutel. Aber egal, am wichtigsten ist immer noch, dass die guten Stücke kräftig glänzen und man damit neidische Kollegen und Nachbarn blenden kann.
ES gibt aber auch Menschen, die haben sich einen richtigen Orden verdient: Zum Beispiel die Mitglieder des Landtag-Präsidiums. Dort hatte man schon im Vorjahr die wegweisende Entscheidung getroffen, zu den Sitzungen des Gremiums nur noch Kekse aus dem sogenannten „Fairen Handel“ auf den Kaffeetisch zu stellen. Die sechs Parlamentsfraktionen wurden aufgefordert, sich ein Beispiel zu nehmen und ebenfalls auf faire Kekse umzusteigen. Die Resonanz war aber sehr gering, um nicht zu sagen regelrecht unfair: Keine Fraktion meldete dem Präsidium Vollzug. Offenbar essen bis heute alle weiter, was sie wollen. Zum Trost gibt es hiermit den „Sächsisch-Betrachtet-Orden“ in Bronze für einen erfolglosen, aber mutigen Vorstoß an der Keks-Front.
DEN gleichen Orden in der Silbervariante hat sich der Chef des Sächsischen Immobilien- und Gebäudemanagements verdient. Der stellte kürzlich ein Projekt vor, bei dem mithilfe einer Solaranlage die Energiekosten für öffentliche Gebäude im Freistaat deutlich gesenkt werden konnten. Und weil er möglichst viel Steuergeld sparen will, hat er sich zielgerichtet die Justizvollzugsanstalt Görlitz ausgesucht. Sein Kommentar: „Dabei handelt es sich schließlich um den Inbegriff des intensiven Wohnens, die Insassen sparen praktisch 24 Stunden am Tag.“ Der Mann hat recht und ist damit jetzt auch Ordensträger.
DER Gold-Orden mit dem weiß-grünen Zusatzband „Tapfere Schneiderlein“ geht aber eindeutig an den SPD-Ortsverein Dresden-Pieschen. Dort weiß man, dass sich regen muss, wer in der Politik Erfolg haben will. Und so kündigte man per Pressemitteilung Großes an. Zitat: „Im Rahmen der Vorbereitungen für das Superwahljahr 2009 werden derzeit die Rahmenbedingungen optimiert. In der heißen Phase des Wahlkampfs sollen keine Möglichkeiten ausgelassen werden, die Dresdner Bürgerinnen und Bürger über das aktuelle politische Geschehen zu informieren.“ Was war passiert? Ganz einfach! Die SPD-Genossen haben einen eigenen Schaukasten am PLUS-Markt eingeweiht.