Karl Nolle, MdL
OnlineZeitung 24.de, 14.02.2009
CDU veranstaltet Kesseltreiben gegen Buchautor
Schlechte Zeiten für Historiker
Der Druckereibesitzer Karl Nolle, SPD-MdL, will ein Buch über die Blockflöten-Vergangenheit der sächsischen CDU-Prominenz veröffentlichen. Im Verein mit BILD hat die Partei jetzt eine Hetzkampagne gegen den Autor losgetreten. Der Dresdner SPD-Mann und Chef-Aufklärer im sächischen Landtag ist schon seit langem ein schmerzhafter Dorn im Fleisch des Koalitionspartners.
Nolle förderte mit seinem hartnäckigen Nachbohren die brisanten Fakten zutage, die mit Biedenkopf und Milbradt bereits zwei CDU-Ministerpräsidenten zum Rücktritt zwangen. Entsprechend groß ist der Hass innerhalb der CDU - und nicht nur dort - auf den ungeliebten "Wessi". Als Obmann seiner Partei in mehreren parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, so bei den Verstrickungen Kurt Biedenkopfs in die Affäre um das Paundorf-Center, hatte er Christdemokraten bis zur Weißglut gereizt. Diese sinnen wenig christlich auf Rache.
Als Nolle jetzt mit Stanislaw Tillich durch seine Veröffentlichungen über dessen DDR-Vergangenheit den dritten CDU-Ministerpräsidenten in Bedrängnis brachte, reagierten die CDU-Spitzen genervt und kopflos. Gegen Nolles Schwarzbuch "Sonate für Blockflöten und Schalmeien" inszenierten sie zunächst eine Leserbriefbriefkampagne mit wüsten Beschimpfungen und Unterstellungen gegen den Autor, obwohl noch nicht eine einzige Seite des Buches bekannt war. Jetzt kündigt Ex-Innenminister Eggert eine Klage gegen das Buch an. Den Vogel schoss freilich CDU-Generalsekretär Michael Kretschmar ab. Er ist der Auffassung: "Nur wer in der DDR gelebt hat, darf über die Lebenswege der Ostdeutschen urteilen." Für Historiker brechen demnächst wohl schlechte Zeiten an. Wer hat schließlich im alten Rom oder zu Zeiten Platos in Griechenland gelebt. Da mochte auch BILD nicht abseits stehen und kritisierte Nolle, weil er der APO gehört habe. Hoffentlich war der Schreiber alt genug, dass er sich ein Urteil erlauben konnte.
Die CDU feiert unterdessen tapfer ihre aufrechten Kämpfer Hickmann, Lemmer und Kaiser aus den Anfangszeiten der DDR-CDU. Jedenfalls offiziell. Davon allerdings will man nicht überall etwas wissen. So steht etwa auf der Homepage der Ortsgruppe Mühlau noch heute: "Der vom damaligen Landesvorsitzenden der CDU Dr. Hickmann 1949 gemeinsam mit Lemmer und Kaiser inszenierte Spaltungsversuch, die CDU in ein pro-westlichen Kurs gegen die Arbeiterklasse zu führen, führte auch in Mühlau zu heftigen Auseinandersetzungen, die bis zu Austritten aus der Partei führten. Der progressive Kern der CDU setzte sich durch."
[url]http://www.cdu-muehlau.de/index.php?page_id=1 [/url]
von Rudolf Homann, www.rudolfhomann.de