Karl Nolle, MdL
BILD-Zeitung Dresden, 04.05.2001
Der große Wohnungsvergleich
Lieber Herr Biedenkopf, so wohnt es sich in Dresden "mietpreisgebunden"
DRESDEN. Die Betonwände sind beschmiert mit Graffiti, die Hausflure dunkel wie Tunnel. Bad ohne Fenster, Flur nur zwei Quadratmeter groß. „Mietpreisgebundenes“ Wohnen in Dresden. Was für die 155 Quadratmeter der Biedenkopfs auf dem Weißen Hirsch gelten soll – das Ehepaar Liebscher aus Dresden erlebt es jeden Tag.
„Willkommen in unserem gemütlichem Heim“, grüßt Dagmar Viola (79) ganz ohne Ironie. 39 Quadratmeter in der 6. Etage teilt sie sich seit 15 Jahren mit ihrem Mann Manfred (74). Zwei Zimmer, Biedenkopfs verfügen über Räume auf vier Etagen der Staats-Villa und Hauspersonal. „Wir müssen natürlich alles selber machen“, so das Dresdner Paar. Von der Rente (zusammen 2.500 Mark) zahlen sie 387 Mark Miete. Die Biedenkopfs zahlten sieben Jahre lang gar keine Miete.
„Sehen Sie sich selbst um“, sagt Manfred Liebscher und führt durch sein kleines Reich. „Hier der Flur...“ Hilft er an der Gardarobe seiner Frau in den Mantel, wird es eng. Links das Bad: „Für eine Wanne ist kein Platz. Aber eine Dusche reicht.“ Fenster? Natürlich nicht.
Die Biedenkopfs blicken idyllisch auf die Elbe, die Liebschers auf die düsteren Maueren des Polizeipräsidiums. In der Stube (21 Quadratmeter) drängen sich die Möbel. Versteckt hinter einem roten Vorhang: Die kleine Küche mit Gasherd.
„Ist schon eng hier, aber wir fühlen uns wohl. Früher wohnten wir in Radebeul auf 100 Quadratmetern“, sagt Manfred. „Aber das wurde uns zu teuer.“
Durch die Schlafstube tritt Dagmar auf den Balkon. Tief unten donnert der Verkehr auf der St. Petersburger Straße. „Mein kleiner Garten“, lächelt sie charmant. „Hier entspannen wir...“ Während Biedenkopfs um die Miete für ihr Zimmer im Gästehaus des Freistaates streiten, sind die Liebschers recht zufrieden. „Nur einen Wunsch haben wir“, sagt Manfred bescheiden. „Die Woba NordWest müsste endlich mal Hausflur und Bad sanieren...“
(Dieter Schlüter)