Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 18.03.2009
Zwischen „Geldgier“ und „Versagen“
Landesbank-Desaster: Nach Rechnungshofschelte für Staatsregierung ist auch die Opposition bissig
Dresden (DNN). Rechnungshofberichte sind bei der Opposition immer willkommen. Doch eine Steilvorlage wie jetzt mit der Sonderprüfung zum Niedergang der früheren Landesbank Sachsen LB (SLB) haben die Prüfer aus Leipzig bislang noch nie geliefert. Vom Versagen auf allen Ebenen war da die Rede – bei Bank-Vorständen, -Verwaltungsräten und Ministerialbeamten.
Entsprechend reagierten gestern dann auch Grüne, FDP und Linke aus dem sächsischen Landtag. „Das zuständige Finanzminsiterium hatte immer wieder Möglichkeiten, die Zukunft der Sachsen-LB in eine andere Richtung zu lenken", zollte die Fraktionschefin der Grünen, Antje Hermenau, dem Rechnungshof Dankbarkeit für seine klaren Worte. In „Geldgier und Geschäftspraktiken“ habe sich die Staatsregierung offensichtlich nicht sehr viel von privaten Banken unterschieden. Die Kontrollrechte des Parlaments müssten gestärkt werden, fügte sie hinzu.
„Vorstand, Verwaltungsrat und Staatsregierung waren bei Führung und Kontrolle der Landesbank überfordert“, liest Holger Zastrow aus dem „objektiven und sachkundigen Bericht“. Der FDP-Fraktionschef sieht „die bisherigen Schutzbehauptungen der Regierung, das Landesbank-Desaster sei Folge der weltweiten Finanzkrise, auf die sie keinen Einfluss gehabt habe, im Bericht eindrucksvoll widerlegt“. Nun müsse die Frage möglicher Schadenersatzforderungen gegenüber ehemaligen Vorständen „endlich geklärt werden“. Mit Blick auf die diskutierte Staatsbeteiligung bei Qimonda interpretiert der Liberale den Bericht zudem als „unmissverständliche Warnung“. Der Staat sei nicht der bessere Unternehmer.
Für Klaus Tischendorf hat die Staatsregierung ihren gesetzlichen Auftrag vernachlässigt und zugelassen, dass das Geld der Steuerzahler „verzockt“ wurde. Dies habe nichts mit der Finanzkrise zu tun, sondern sei ein Fall für die Justiz. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) müsse endlich der Öffentlichkeit die Verantwortlichen präsentieren.
Die Sachsen LB war 2007 durch hochriskante US-Immobiliengeschäfte als eine der ersten Geldinstitute in den Strudel der Finanzkrise geraten und musste Ende 2007 an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) notverkauft werden. Sachsen haftet noch.
Dem Vorstand der SLB warfen die Kontrolleure dabei vor, für ihre heiklen Kapitalmarktgeschäfte die unbegrenzte Haftung des Freistaates einfach auf ihre Tochtergesellschaft in Dublin erweitert zu haben. „Dem Vorstand fehlte dafür eine Ermächtigung“, rügen die Leipziger Rechnungsprüfer. Der Kreditausschuss der SLB habe dann die Ausdehnung der Geschäfte auf 43 Milliarden Euro ermöglicht. „Damit war ein Gefährdungspotenzial von nahezu dem Dreifachen des Staatshaushaltes vorhanden.“ Doch der Kreditausschuss habe die Gefahr für die Bank schlicht „ignoriert“. Zudem hätten es die Führungskräfte der SLB versäumt, die lauernden Gefahren ordnungsgemäß in die Risikoberichterstattung aufzunehmen. Anzeichen für Marktstörungen seien ungenügend beachtet worden. „Versagt“ habe zudem der auch von Landes- und Kommunalpolitikern besetzte Verwaltungsrat.
Heftige Kritik hagelt es in der Expertise aber auch an der von Ex-Ministerpräsident Georg Milbradt und dem früheren Finanzminister Horst Metz (beide CDU) mit verantworteten Geschäftspolitik der kleinen ostdeutschen Landesbank. Obwohl sich das Leipziger Geldhaus vorrangig auf seinen öffentlichen Auftrag und den eher mittelständischen Heimatmarkt hätte beschränken müssen, sei die SLB zu einer Kapitalmarktbank umgebaut worden. Daran änderte später auch die SPD nichts, die seit ihrer Regierungsbeteiligung ab 2004 auch in den Gremien der Bank vertreten war.
Bisher sei den Anteilseignern ein Schaden von mindestens 364 Millionen Euro entstanden, rechnet der Prüfbericht vor. Eine Summe, die sich bei einer Inanspruchnahme der Garantien von insgesamt 2,75 Milliarden Euro erhöhen werde.
Das Finanzministerium ging gestern nicht auf die Kritik ein. Ein Sprecher lies lediglich wissen, der ermittelte Schaden berücksichtige nicht die positiven volkswirtschaftlichen Effekte, die die Landesbank von 1992 bis 2007 mit kumuliert 144,4 Millionen Euro Ertragssteuern und 106,2 Millionen Euro Gewinne für die Anteilseigner erbracht hätte. Von CDU und SPD im Land gab es überhaupt keine Reaktion.
Von INGOLF PLEIL und SVEN HEITKAMP
(Pressemitteilung zum Sonderbericht nach § 99 SäHO zur Landesbank Sachsen Girozentrale unter www.rechnungshof.sachsen.de)
Sonderbericht des Rechnungshofs