Karl Nolle, MdL
Agenturen, ddp-lsc, 18:09 Uhr, 25.03.2009
Nachwuchs von CDU und FDP protestiert gegen Linke-Kongress zur Wende 1989
Anstoß an Titel «Wir sind das Volk» und Thesenpapier
Dresden (ddp-lsc). Gegen einen Linke-Kongress in Dresden zum Wendeherbst 1989 regt sich Widerstand aus CDU und FDP. Der Parteinachwuchs von Junger Union (JU) und Jungliberaler Aktion (JuliA) warf der Linken am Mittwoch vor, den Protest gegen das SED-Regime zu vereinnahmen und damit die eigene Vergangenheit zu verleumden. JU-Landeschef Christian Piwarz kündigte für Samstag eine Demonstration vor dem Tagungsort der Linken an. Deren Geschäftsführer Rico Gebhardt wies die Vorwürfe zurück.
Piwarz zufolge stößt sich die JU am Titel der Konferenz «Der Herbst 1989 in Sachsen - Wir sind das Volk». Die Linke versuche damit, die friedliche Revolution für sich zu vereinnahmen und in ihrem Sinne umzudeuten. Dabei seien die Menschen vor 20 Jahren «gegen die Unterdrückung durch das SED-Regime» auf die Straße gegangen. «Wenn ehemalige Stasi-Leute gerade unter dem Titel 'Wir sind das Volk!' jetzt die Geschichte umdeuten wollen, so ist das eine Verhöhnung all jener, die 1989 den Mut hatten, für Freiheit und Demokratie einzutreten», sagte Piwarz. Mit dem Protest wende man sich gegen die «Geschichtsumschreibung der SED-Nachfolgepartei».
Auf der Konferenz will Sachsens Linke 20 Thesen diskutieren, die in einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Landeschefin Cornelia Ernst entstanden sind. Ernst hatte vorab bereits erklärt, dass die Linke mit der Konferenz «eigene Akzente der Bewertung der Ereignisse von 1989 und der Sicht auf das, was die DDR war oder nicht war», setzen wolle. Gemeinsam mit Ernst und dem langjährigen PDS-Fraktionschef Peter Porsch will am Donnerstag der Mitautor und einstige Leiter des Hannah-Arendt-Instituts, Gerhard Besier, das Thesenpapier in Dresden vorstellen.
Der sächsische JuliA-Chef Marcus Viefeld nannte das Thesenpapier einen «Schlag ins Gesicht all derer, die in der DDR Kopf und Kragen riskierten und für die Demokratie kämpften». In der heutigen Linken stecke «noch sehr viel SED, sehr viel Diktaturpartei». Als Beispiel für den Vorwurf der Geschichtsklitterung verwies JuliA auf die Linke-These, wonach die meisten Akteure der Bürgerrechtsbewegungen nicht Deutschlands Einheit anstrebten, sondern einen demokratischen Sozialismus in der DDR.
Linke-Geschäftsführer Gebhardt verwies indes auf eine weitere These, wonach der demokratische Umbruch 1989/90 «nicht irgendeiner Partei, sondern dem ganzen deutschen Volk» gehöre. Es sei selbstverständlich, dass die Linke versuche, die Geschichte der SED-Politik aufzuarbeiten. Zu den Äußerungen von Piwarz erklärte er, es sei «amüsant zu beobachten, wie die Junge Union ganz im Stile ihrer Mutterpartei die friedliche Revolution von 1989/90 für sich zu vereinnahmen versucht».
CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer unterstützt derweil den JU-Protest. «Wir dürfen nicht zulassen, dass die Geschichte umgeschrieben wird», erklärte er und fügte unter Verweis auf den bekennenden Stasi-Informanten und Linke-Landtagsabgeordneten Volker Külow hinzu: «Stasileute haben in keinem Parlament etwas zu suchen.» Dies seien die «gleichen Leute, die heute den Eindruck erwecken wollen, sie hätten im Herbst 1989 auf Seiten der Demonstranten gestanden».
Von Tino Moritz
(Quellen: Piwarz in ddp-Interview; Gebhardt und Kretschmer auf ddp-Anfrage; Viefeld in Mitteilung)
ddp/tmo/pon
251809 Mrz 09