Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 04.07.2009

Ex-Stasi-Leute in der sächsischen Polizei

Innenministerium geht von einigen Dutzend Beschäftigten aus / Bis zu 100 in Sachsen-Anhalt / Thüringen schließt eigene Fälle aus
 
Dresden/Erfurt. Die Nachricht des ARD-Magazin Monitors schlug Wellen: Das Wochenendhäuschen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Uckermark soll von ehemaligen Stasi-Offizieren bewacht sein. Doch Merkels Datschen-Aufpasser sind offenbar nur die prominentesten Fälle. Bei der Polizei in Ostdeutschland sind nach wie vor zahlreiche frühere Stasi-Hauptamtliche tätig – auch in Sachsen sind es mehrere Dutzend Beschäftigte.

Im Jahr 1994 hatte das Innenministerium in einer damals nicht abschließenden Antwort auf eine Kleine Anfrage von mindestens 161 Bediensteten in ihren Reihen gesprochen, die hauptamtlich bei Mielkes Truppe gearbeitet hatten. „Schätzungsweise sind mittlerweile mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Ruhestand. Aber ein kleiner Teil tut durchaus noch seinen Dienst“, sagt Birgitt Büttner-Klaus vom Innenministerium. „Wir führen aber keine Statistiken, wie viele noch da sind.“ In Sachsen-Anhalt ist die Lage ähnlich. Dort wird noch mit bis zu 100 früheren Stasi-Mitarbeitern gerechnet, die vor allem im Personenschutz und in Spezialeinheiten tätig seien, teilte das Magdeburger Innenministerium mit.

Alle Beschäftigten im Polizeidienst des Freistaates seien einzeln und teilweise mehrfach mit Hilfe der Daten der Stasi-Unterlagenbehörde und von unabhängigen Kommissionen überprüft worden. Eingestellt wurde nur, wer „nicht gravierend“ vorbelastet war, erklärt Büttner-Klaus die Rechtslage. Eine Tätigkeit für das MfS habe zwar die persönliche Eignung für öffentliche Ämter nachhaltig in Frage gestellt, aber nicht automatisch ein Ende des Beamtenverhältnisses bedeutet.

Der frühere Innenminister Heinz Eggert (CDU) muss sich dennoch zuweilen Kritik gefallen lassen, er habe Stasi-Leute und führende Kader aus dem K 1 zu großzügig im Dienst behalten und argumentiere heute doppelzüngig. SPD-Mann Karl Nolle warf Eggert sein Verhalten gerade in seinem jüngsten Buch vor. Doch bei Eggert geht die Geschichte anders: Die letzte DDR-Regierung unter Lothar de Maizière habe dringend Sicherheitsleute benötigt. Der Runde Tisch habe dann entschieden, einen Pool aus Ex-Stasi-Leuten, Personenschützern und anderen Fachleuten zusammenzustellen. Später seien die Beamten dann an die Länder verteilt worden. „Es wäre schäbig gewesen“, sagt Eggert, „erst Stasi-Leute zu holen und sie dann wegen Stasi-Belastung zu entlassen.“

Im Thüringer Innenministerium wird eine Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter dagegen fast ausgeschlossen. „Es gibt schon seit langem für Polizeibeamte einen Prüfungsrhythmus und ein Netz an Kontrollmaßnahmen“, sagt Sprecher Thomas Mau. „Wir gehen davon aus, dass ein Fall wie in Brandenburg bei uns faktisch ausgeschlossen ist.“ Bereits kurz nach der Wende sei mit der Überprüfung begonnen worden, der sich unter anderem auch die Parlamentarier unterziehen müssen. Brandenburg sei das letzte Land, das sich seiner Vergangenheit stelle, so Mau. Dass das erst jetzt, wo das Wochenendhaus der Kanzlerin angeblich von ehemaligen Stasi-Offizieren bewacht wird, passiert, sei „ein Skandal“.
Sven Heitkamp, Ines Hofmann