LVZ/ DNN, 07.04.2001
Ingrid Biedenkopf wird 70
Gute Fee, aber auch strenge Herrin
DRESDEN. Für die einen ist es Verehrung, für die anderen Ironie, wenn die Sachsen von ihrer „Landesmutter" sprechen. So oder so ist Ingrid Biedenkopf eine besondere First Lady. Am Sonntag begeht die Ministerpräsidentin-Gattin ihren 70. Geburtstag. Im Dresdner Hotel Park-Plaza wird mit 250 Gästen gefeiert. Die Enkel und die „Tanzmäuse" eines Kindergartens werden singen, der Ministerpräsident und Sozialstaatssekretär Albin Nees eine Rede halten. Zugleich soll eine Stiftung für die Multiple Sklerose Gesellschaft aus der Taufe gehoben werden. Schon jetzt übernimmt Frau Biedenkopf ein Dutzend Ehrenvorsitze und Schirmherrschaften für soziale Projekte.
Doch ihr Bürgerbüro ärgert die Opposition. Es sei nicht legitimiert und die Ausgaben für drei Mitarbeiter nicht gerechtfertigt. Wozu, fragen Kritiker, gibt es Petitionsausschüsse? Doch Ingrid Biedenkopf erklärt: „Wir kümmern uns um Fälle, wo die Menschen meinem Mann und mir besonderes Vertrauen entgegen bringen." Das Büro, für das sie ohne Bezahlung arbeite, sei offiziell ins Leben gerufen worden, weil bei ihr „so viele Briefe ankamen, dass ich sie allein gar nicht bewältigen konnte". Vom Landtag ist der Etat dafür genehmigt.
„Bestürzt" sei sie über die Kritik an den Wohn- und Mietkonditionen für das Gästehaus in der Schevenstraße 1, in dem die Biedenkopfs auch das Personal nutzen. Manche Leute, die in der Paunsdorf-Sache gescheitert seien, zeigten sich als schlechte Verlierer und wollten ihren Mann nun mit persönlichen Angriffen verletzen. Doch Dresdner Beobachtern gilt die Jubilarin als Freundin der zuweilen höfischen Attitüden der Biedenkopfs.
Auch ihr Einfluss auf Politik und Personalentscheidungen wie im Fall Georg Milbradts sei größer als der mancher Minister. „Sie ist, obwohl in der Verfassung nicht vorgesehen, eine Institution mit bemerkenswerter Interventionslust im Lande", notierte ein Biedenkopf-Biograph. Gern spricht sie über das Amt des Ministerpräsidenten in der Wir-Form. Der Regierungschef selbst hat nie verhehlt, dass er politische Fragen gern mit seiner Frau diskutiert, auch wenn die Entscheidungen die seinen blieben. Beispielsweise hatte das Paar einst beschlossen, '99 aufzuhören. Doch Kurt Biedenkopf wollte schließlich noch bleiben. Die Handelskauffrau selbst weist jeden Einfluss auf die Politik zurück: „Das habe ich schon öfter gesagt, aber diese Aussage passt wohl irgendwie nicht in die schöne Geschichte von der Landesmutter, die ihrem Mann ständig hineinregiert", sagt sie. Einfluss genommen habe sie nur beim Entschluss, nach Sachsen zu gehen: „Da hätte er nicht Ja gesagt, wenn ich nicht zugestimmt hätte."
Wenn der Ministerpräsident abtritt, werden die Biedenkopfs in ihrem Haus am Chiemsee wohnen. Die Zeit in Sachsen sei aber „großartig und aufregend", sagt sie. „Ich helfe mit, wo es nur möglich ist." Eben!, entgegen ihre Kritiker.
(Sven Heitkamp)