Lausitzer Rundschau, 08.05.2001
PDS: Biedenkopf-Affäre muss in den Landtag
Sozialisten schließen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht aus
DRESDEN. Nach Auffassung der PDS im Sächsischen Landtag hat Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) für seine Wohnung im Gästehaus der Staatsregierung keinesfalls zu viel Miete entrichtet. Anderen Darstellungen müsse entgegengetreten werden, sage der Haushalts- und Finanzexperte der PDS-Fraktion, Ronald Weckesser, gestern in Dresden. Die Partei schließt einen Untersuchungsausschuss nicht aus und will die Biedenkopf-Affäre im Landtag debattieren.
Im Bericht der Staatskanzlei der Mitte vergangener Woche vorgelegt wurde, kommt das Gutachten eines Maklerbüros zu dem Schluss, das der Mietpreis es Ministerpräsidenten von 8,15 Mark je Quadratmeter wegen der in Ostdeutschland geltenden Mietpreisbindung zu hoch angesetzt sei. Zudem seien der Wohnraum und die Nebenkostenpauschale von 3,80 Mark je Quadratmeter zu ungunsten des Ministerpräsidenten falsch berechnet worden.
Dieses Gutachten sei „grottenschlecht" und tauge „nur für den Papierkorb", sagt Weckesser nach dem Studium des Berichtes. Obgleich die Biedenkopf-Wohnung zwischenzeitlich sieben- oder achtmal ausgemessen wurde, könne nicht nachvollzogen werden, warum aus dem 216 Quadratmeter großen Appartement, das Arbeitszimmer des Ministerpräsidenten, der Vorraum und das so genannte Turmzimmer, insgesamt 85 Quadratmeter, herausgerechnet worden seien.
In dem Turmzimmer soll einst zeitweise Rita Ries, die Mutter von Ingrid Biedenkopf, gewohnt haben. Nach Worten der PDS-Bundestagsabgeordnete und Expertin für Wohnungspolitik, Christine Ostrowski, habe die Preisbindung nur für Wohnraum aus DDR-Zeit gegolten. Das Regierungsgästehaus aber sei niemals Wohnung, sondern immer Gästehaus gewesen, zunächst ein Gästehaus des MfS, später ein Hotelobjekt.
Zudem verweist Ostrowski auf den Mietspiegel der Stadt Dresden von 1997, demzufolge seinerzeit in exklusiven Lagen 13,50 Mark bis 18 Mark Kaltmieten durchaus üblich waren. Die Nebenkosten hätten in jener Zeit zwischen 3,60 Mark und 3,80 Mark gelegen, ohne Stromkosten. Bei Biedenkopf seien aber die Stromkosten offensichtlich bereits eingerechnet.
Nach Auffassung Ostrowskis hätte Staatskanzlei-Chef Georg Brüggen (CDU) als „Fachmann" die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens sofort erkennen müssen.
Dass in dem Bericht aus diesem Gutachten dennoch zitiert wurde, sei Absicht gewesen. Die Schlamperei im Regierungsgästehaus solle offensichtlich weiterbestehen und durch Brüggen nur „bürokratisch geordnet" werden, sagte Weckesser, der die Forderung der PDS nach Rücktritt des Ministers erneuerte.
Unterdessen hat der sächsische CDU-Partei- und Fraktionschef Fritz Hähle den Oppositionsparteien im Landtag vorgeworfen, in der Debatte um die Mietaffäre von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf jedes Maß verloren zu haben. Die Kosten für das Gästehaus und das Büro von Ingrid Biedenkopf seien im Staatshaushalt sichtbar aufgeführt worden. Für Sachsen sei nicht der Ministerpräsident der beste, der die meiste Miete zahle, sondern der, der dem Freistaat am besten diene.
(Ralf Hübner)