Spiegel Online, 15.05.2001
Biedenkopf sieht sich als Intrigenopfer
Kurt Biedenkopf in der Bredouille
Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf gibt sich trotz neuer Vorwürfe kämpferisch. Man wolle ihn als Ministerpräsident stürzen, aber er werde diese Auseinandersetzung bestehen. Und zurücktreten werde er schon gar nicht.
Berlin/DRESDEN. - Der wegen zweier Affären in die Kritik geratene sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat einen Rücktritt ausgeschlossen. "Ich werde die Auseinandersetzung bestehen", sagte der CDU-Politiker in Berlin. Biedenkopf macht für das Auftauchen immer neuer Vorwürfe gegen ihn eine Intrige zu seiner Ablösung verantwortlich.
Biedenkopf sagte am Montag in der der ZDF-Sendung "Was nun?": "Das ist ein Machtkonflikt." Es werde versucht, einen Regierungschef zu stürzen, der mit der Unterstützung von 57 Prozent der Bevölkerung ins Amt gekommen sei. "Ich werde den Beweis antreten, dass das nicht geht." Biedenkopf wird vorgeworfen, sich im Amt persönliche Vorteile verschafft zu haben.
Biedenkopf sagte nicht, wen er als Drahtzieher vermute. Er bekräftigte aber, dass es kein Fehler gewesen sei, seinen damaligen Finanzminister Georg Milbradt Anfang des Jahres zu entlassen. Seit der Entlassung verweigert ein Teil der Basis in der Landes-CDU Biedenkopf die Gefolgschaft. Er werde sich zurückziehen, wenn die Zeit gekommen sei, sagte er lediglich. In absehbarer Zeit werde deutlich werden, wer sein Nachfolger sein solle. "Aber es hat Zeit", fügte der Ministerpräsident hinzu.
Biedenkopf und seine Ehefrau Ingrid sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Dienstliches und Privates nicht immer korrekt voneinander getrennt zu haben. Umstritten sind vor allem die Mietkonditionen im Gästehaus der Regierung. Biedenkopf muss zudem Nachzahlungen leisten, weil er sich auf Staatskosten in seinem Privathaus am Chiemsee bekochen ließ und Angehörige der Familie wochenlang gratis im Gästehaus der Landesregierung logierten. Zuletzt war er in die Kritik geraten, weil er tagelang kostenlos auf der Luxus-Yacht des Bauunternehmers Max W. Schlereth in Monaco logiert hatte. Biedenkopf sagte dazu im ZDF: "Ich werde von meinem Freund doch keine Hotelrechnungen verlangen." Am Mittwoch will sich der Landtag mit den Vorwürfen gegen Biedenkopf befassen.
Eine Landesmutter mischt sich ein
Der Ministerpräsident verteidigte auch das Verhalten seiner Frau: "Eine Landesmutter mischt sich ein. Und Leute in Behörden haben das nicht gern." Ingrid Biedenkopf ist in Sachsen wie ihr Mann äußerst populär. Ehrenamtlich geht sie Beschwerden von Bürgern nach. Ihr "Kummerkasten", für den zwei Beamte abgestellt sind, wendet sich dabei auch direkt an Behörden und Verbände. Die Opposition hegt Zweifel an der Verfassungskonformität der bundesweit einmaligen Einrichtung.
Müntefering: "Dicht an der Grenze"
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering nannte die Vorwürfe gegen Biedenkopf "dicht an der Grenze dessen, was er (Biedenkopf) sich selbst und dem Land zumuten sollte". Er sei erstaunt, "was da jetzt alles auf den Tisch kommt und woher es kommt", sagte Müntefering am Montag nach der Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin. Die SPD werde "das Spiel der CDU gegen- und untereinander sich entwickeln lassen".
Weizsäcker: Rückendeckung für Biedenkopf
Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker nahm Biedenkopf dagegen in Schutz und forderte Respekt und eine gerechte Beurteilung der Lebensleistung Biedenkopfs. "Wie kein zweiter westdeutscher Politiker hat sich Kurt Biedenkopf seit dem November 1989 persönlich für den Aufbau im Osten engagiert", sagte Weizsäcker in Berlin und forderte in der Debatte die Wahrung guter Sitten.