Freie Presse Online, 16.05.2001
Biedenkopfs Sturz im Landtag verhindert
Rücktrittsforderung der PDS abgelehnt
Dresden. Mit ihrer absoluten Mehrheit bei Enthaltung der SPD-Abgeordneten Peter Adler, Hanjo Lucassen und Karl-Heinz Kunkel hat die CDU-Mehrheit im Sächsischen Landtag am Mittwoch die Rücktrittsforderung der PDS gegen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf zurückgewiesen. Der Versuch, über eine geheime Abstimmung Abweichler auf ihre Seite zu ziehen, scheiterte auch mit den Stimmen der SPD. Im offenen Votum plädierte die CDU geschlossen für den zuletzt stark unter Druck geratenen Regierungschef.
Die Staatsregierung habe in eklatanter Weise ihre Handlungsfähigkeit verloren, rechtfertigte PDS-Chef Peter Porsch seinen Versuch zur Abwahl Biedenkopfs. In seiner einstündigen Rede ging er nur am Rande auf die aktuellen Vorwürfe ein. Nicht über kleinbürgerlichen Geiz und Peinlichkeiten, die daraus erwachsen seien, müsse geredet werden, sondern über sinkende Kaufkraft, über Abwanderung, über Arbeitslosigkeit. Ein sonderbares Oppositionsverständnis nannte es SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Jurk, wenn man dafür eine Sondersitzung benötige. Unterschiedliche Meinungen zwischen PDS und SPD über die Notwendigkeit einer Rücktrittsforderung und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bestimmten die Debatte.
So wurde es CDU-Chef Fritz Hähle leicht gemacht, die Rechtmäßigkeit eines Misstrauensvotums zu beanstanden. Die CDU könne „nicht so verrückt sein“, mit Biedenkopf jenen Mann abzuwählen, der die Grundlagen für den erfolgreichen Aufbau des Landes geschaffen haben. „Niemand behauptet, dass in der Frage, die Gegenstand der Aufregung ist, alles richtig gemacht worden ist“, sagte Hähle, doch solle die PDS warten, bis der Rechnungshof einen objektiven Bericht vorlege. Sonderbar an dem Oppositionsverständnis der PDS, sagte Jurk, sei das rührende Bemühen des Kollegen Porsch, den Ministerpräsidenten nicht über einen „belanglosen“ Skandal, sondern als „Protagonisten einer falschen Politik“ stürzen zu lassen.
In der CDU hatte Lande-Vize Heinz Eggert am Morgen Verwirrung durch ein Interview ausgelöst, in dem er Biedenkopf zum Rücktritt aufgeforderte, „wenn das alles stimmt.“ Gegenüber der „Freien Presse“ ergänzte Eggert dann den angeblich nicht veröffentlichten Zusatz: „Auf eine bloße Vermutung und wildes Gemengelage werden wir nicht den Rücktritt eines erfolgreichen Ministerpräsidenten betreiben.“
(Hubert Kemper)