Karl Nolle, MdL

DNN Online, 01.06.2001

Theaterdonner um Lehmann-Grube

PDS liebäugelt mit Leipzigs Ex-Oberbürgermeister als Gegenkandidaten zu Biedenkopf
 
Dresden/Leipzig. Die Regierungskrise rund um Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) treibt immer üppigere Blüten. Die neueste wuchs gestern und war personalpolitischer Natur: Die PDS liebäugelte kaum mehr verhohlen mit dem Gedanken, Leipzigs Ex-Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube (SPD) als Gegenkandidaten zu Biedenkopf ins Rennen zu schicken - und erntete postwendend Häme und Dementis.

Vor allem von Lehmann-Grube selbst: Der SPD-Mann wies den Vorschlag gestern gegenüber unserer Zeitung als "völligen Quatsch" zurück. Das Ganze sei eine "Falschmeldung". Er sei nie gefragt worden. Und er betrachte es nicht als Ehre, vorgeschlagen zu werden, sondern sehe sich als "Spielfigur". Aber er sagte Porsch zu, heutige für den PDS-Mann telefonisch für ein Gespräch erreichbar zu sein.

Doch nicht nur Lehmann-Grube fühlte sich auf den Schlips getreten, auch die SPD konterte. Für Landeschefin Constanze Krehl ist das Ganze eine "schlechte Theaterposse". Die PDS benutze gute sozialdemokratische Namen, um von der eigenen Schwäche abzulenken, sagte Krehl gegenüber unserer Zeitung. "Das können wir uns nicht gefallen lassen." Zudem solle "die CDU ihren Miststall allein aufräumen".

Das wollte die CDU zwar nicht unterschreiben, die Kritik am Vorstoß freilich war ähnlich hart: "Hirnrissiger Blödsinn" lautete der Kommentar von CDU-Fraktionschef Fritz Hähle. Entsprechend war PDS-Fraktionschef Peter Porsch bemüht, nicht als Drahtzieher des Theaterdonners zu erscheinen. Nicht er habe Lehmann-Grube ins Gespräch gebracht, meinte Porsch gestern, sondern "Mitglieder aller Fraktionen" - intern, versteht sich. "Einen gewissen Charme" habe der Vorschlag aber schon.

Das vor allem aus taktischen Gründen: Seit Wochen sucht die PDS händeringend nach einem Ansatz, um Biedenkopf per konstruktivem Misstrauensvotum abzuwählen. Die SPD aber sperrt sich noch dagegen. Lehmann-Grube wäre ein Kompromisskandidat - wenn er denn wollte.

Indes wurde bekannt, dass die Staatsregierung ihr Gästehaus nach dem Abtritt von Biedenkopf nicht weiter nutzen will. Laut einem Wirtschaftlichkeitsgutachten, das unserer Zeitung vorliegt, geht die Staatskanzlei davon aus, dass der nächste Ministerpräsident voraussichtlich nicht in der Schevenstraße 1 wohnen wird. Gleichzeitig steht auch das Büro von Ingrid Biedenkopf zur Disposition. Die Staatskanzlei sehe eine Nutzung nach dieser Amtsperiode nicht mehr vor, berichten die Wirtschaftsprüfer Ernst § Young.

Laut Gutachten ist der gesamte Gebäudekomplex unzureichend genutzt, der Personaleinsatz nicht angemessen. Auch die Bewirtung von Gästen könnte deutlich billiger werden. "Mit der Beendigung der Amtstätigkeit des Ministerpräsidenten sollte in jedem Falle das Mietverhältnis mit der TLG aufgekündigt werden", schreiben die Wirtschaftsprüfer.
(Eig. Bericht/AK/ JK/SH)

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