Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 22.06.2001

Schluss, Punkt und Aus?

CDU entlastet Ministerpräsident in der Gästehaus-Affäre / Opposition empört
 
DRESDEN. Der Buhmann musste sich eine Menge anhören. Zu illegalen Mitteln hätte er gegriffen, Gesetze verletzt und die zuständigen Gremien übergangen. Ein solches Vorgehen sei mit der Würde seines hohen Amtes absolut nicht vereinbar.
Diese Kritik galt Hans-Günther Koehn, Präsident des Sächsischen Rechnungshofes. Und vorgetragen hat sie Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU), nur wenige Stunden bevor der Landtag gestern über den Prüfbericht des Rechnungshofes zu den Wohnverhältnissen des Premiers auf der Dresdner Schevenstraße abstimmte. Koehn hatte sich den Zorn Biedenkopfs zugezogen, weil er in der Affäre um Billig-Miete und Gratis-Personal im Gästehaus der Staatsregierung bis zuletzt auf einer Nachzahlung von mindestens 300 000 Mark bestand. Biedenkopf, der inzwischen 123 000 Mark zurückerstattete, sah sich verleumdet. Koehns Zahlen seien aus der Luft gegriffen und würden "die erste Instanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht überstehen", giftete er scharf zurück.
Die Gegenoffensive Biedenkopfs kommt nicht von ungefähr. Der Wind in der Mietaffäre, der ihm wochenlang ins Gesicht blies, hat sich gedreht. Zu Hilfe eilte dem Regierungschef aber weniger die öffentliche Meinung als die eigene CDU-Fraktion. Die hatte sich bereits in der vorigen Woche intern gegen die Forderungen des Rechnungshofs gestellt. Gab es dabei im zuständigen Arbeitskreis noch zwei Gegenstimmen, bröckelte der Widerstand später kräftig. Gestern konnte CDU-Fraktionschef Fritz Hähle aus vollen Rohren schießen. "Ehrabschneidend" und "unwahr" seien die Vorwürfe gegen Biedenkopf und dessen Frau, ein Schlussstrich überfällig. Beifall auf den CDU-Bänken.

Weitere Nachforschungen angekündigt

Die empörte Opposition sah das völlig anders. Der PDS-Abgeordnete André Hahn bezeichnete das CDU-Krisenmanagement als "erbärmlich". Sein Fraktionskollege Ronald Weckesser sagte, in jedem anderen Bundesland wäre es angesichts der nachgewiesenen Pflichtverletzungen längst zum Rücktritt des Ministerpräsidenten gekommen. Beide kritisierten, dass Biedenkopf gegenüber dem Parlament bis heute keine Rechenschaft abgelegt hat.

Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle, der zuletzt regelmäßig mit Vorwürfen gegen Biedenkopf aufwartete, versuchte, den Regierungschef zudem erneut in Bedrängnis zu bringen. Nolle deutete in seiner Rede an, dass der Premier seit Jahren seine Steuern nicht in Sachsen, sondern in Nordrhein-Westfalen zahle. Biedenkopfs Staatskanzlei dementierte. Nolle zeigte sich unbeeindruckt. "Für Unrecht gibt es keine Sommerpause", kündigte er weitere Nachforschungen an.
Am Ende der hitzigen Debatte entschieden nicht Argumente, sondern eine Mehrheit über eine Minderheit. Mit den Stimmen der CDU wurde der Rechnungshofbericht vom Landtag nur "zur Kenntnis genommen". Eine im Parlamentsbetrieb übliche Floskel für - eine Ablehnung.
(Gunnar Saft)

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: