Sächsische Zeitung, 12.05.2001
War noch was?
Kommentar von Steffen Klameth
DRESDEN. Biedenkopf hier, Schevenstraße da;
Nolle hin, schwarze Kasse her. Ja, ist denn sonst gar nichts mehr Ios in diesem Land? Haben die Politiker keine anderen Sorgen? Gibt es überhaupt noch andere Politiker?
ES gibt sie, so viel steht fest. Und sie haben andere Sorgen. Beispielsweise stellte der PDS-Abgeordnete Heiko Hilker bei einem Besuch in der Staatskanzlei erstaunt fest, dass man ihm Kekse aus Krefeld anbot. Kekse aus Krefeld! Und auch noch jeder einzeln verpackt! Sofort erinnerte sich der Abgeordnete an Ingrid Biedenkopf und deren aufopferungsvollen Kampf für Ostprodukte. Sollte hier etwa Sabotage im Spiel sein? Und warum so viel Verpackung? Nun, wir werden es bald erfahren. Die parlamentarischen Anfragen hat Hilker bereits abgeschickt. Auch auf die Gefahr hin, dass er beim nächsten Mal gar nichts mehr zu essen kriegt.
ANDERE Abgeordnete nutzten die Zeit, um Pläne für die Zukunft zu schmieden. Genauer gesagt: Reisepläne. Der Bau- und Verkehrsausschuss will sich in Schottland umsehen, der Finanzausschuss in Ungarn und Slowenien, der Wirtschaftsausschuss in Frankreich und der Europaausschuss in der Türkei. Vielleicht wäre es besser gewesen, der Europaausschuss wäre nach Ungarn gefahren und der Finanzausschuss nach Schottland. Aber sei's drum. Hauptsache: weit weg von Sachsen und seinen Affären. In der Ferne, so hat uns der Ministerpräsident erst kürzlich mit seiner USA-Reise vor Augen geführt, sieht man bekanntlich vieles mit größerem Abstand.
WAR sonst was? Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen feierte am Montag seinen zehnten Geburtstag. 400 in- und ausländische Gäste sowie 100 LKA-Mitarbeiter durften am Festakt und dem anschließenden Büfett teilhaben. Die übrigen 600 Kriminalisten wurden derweil auf dem Garagenhof mit Kartoffelsuppe abgespeist, was für gewissen Unmut sorgte. Zunächst bei diesen Beamten, später aber auch in der Führungsetage. Denn ein offenbar unzufriedener Mitarbeiter veröffentlichte am Tag darauf Fotos von der tristen Hof-Feier im internen Computernetz. Dort waren sie - der Wachsamkeit der LKA-Chefs sei Dank - nicht lange zu sehen. Nach dem Übeltäter fahndet man allerdings immer noch vergebens.
(Steffen Klameth)