Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 11.08.2001

Ein Kämpfer mit dem Wunsch nach Harmonie

Der Bruch mit Biedenkopf schmerzt Milbradt
 
Dass man mit sich und seiner Umwelt harmonisch zusammenlebt, hat Georg Milbradt einmal als das Wichtigste in seinem Leben bezeichnet. Dieser Wunsch entspricht überhaupt nicht dem Bild, das über den Ex-Finanzminister in der Öffentlichkeit gezeichnet wird. Denn der 56-Jährige ist eigentlich ein Kämpfer. Falsche Harmonie, die Konflikte übertüncht anstatt sie auszufechten, ist ihm ein Graus.
Gewerkschafter können davon ebenso ein Lied singen wie seine früheren Kabinettskollegen bei Haushaltsverhandlungen. Bei dem gebürtigen Sauerländer, der im November 1990 als Finanzminister nach Sachsen kam, zählen nur harte Fakten. Und die lassen sich meist in Zahlen ausdrücken. Sachsen hat die mit Abstand niedrigste Verschuldung aller neuen Länder. Der Spielraum für Investitionen ist deshalb am größten. Das ist Milbradts Verdienst. Zehn Jahre war er Ministerpräsident Kurt Biedenkopf ein kongenialer Partner. Während sich Milbradt daheim in den Niederungen der Landespolitik stritt, mehrte der andere in Deutschland und der Welt den Ruhm Sachsens als ostdeutsches Vorzeigeland. Sie brauchten einander und ergänzten sich. Denn inhaltlich gibt es zwischen den Professoren keine Unterschiede. Ihr Naturell aber ist grundverschieden. Das aristokratisch Abgehobene in Biedenkopfs Wesen, das ihn über jede Kritik erhaben sein lässt, ist Milbradt fremd.
Der Bruch mit seinem politischen Ziehvater schmerzt Milbradt mehr als er es zugeben mag. Warum es zu Beginn dieses Jahres dazu kommen musste, liegt vor allem im Zwischenmenschlichen. Bis heute wäre Milbradt, dem öffentlich nie ein Wort der Bitterkeit über die Lippen kam, zur Versöhnung bereit. (SZ/cs)
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