MOPO Dresden, 01.09.2001
Biko-Freund diktierte die Miete und Ingrid wusste es als Erste
Bei der Errichtung des Leipziger Behördenzentrums in Paunsdorf wurde die Wirtschaftlichkeit bewusst ignoriert
DRESDEN -Vor dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuss des Landtags hat ein neuer Zeuge den Eindruck verstärkt, dass bei der Errichtung des Leipziger Behördenzentrums die Wirtschaftlichkeit bewusst ignoriert wurde. Norbert Steinen ehemals Leiter des Liegenschaftsamts Leipzig, berichtete gestern auch, wie Frau Ingrid Biedenkopf damals mitmischte.
Das Paunsdorf-Zentrum wurde bis 1995 von dem Kölner Investor Heinz Barth errichtet, einem Freund von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU). Der Ausschuss prüft, ob der Regierungschef zu Lasten des Freistaats Einfluss auf das Geschäft genommen hat.
So etwas wie bei Paunsdorf wäre in seiner bayerischen Heimat (dem Stammland aller Amigo-Affären) nie passiert, erregte er sich: „Nicht mal für die Fürsten Thurn und Taxis!" Er selbst habe immer auf ordentliche Verhandlungen und Ausschreibungen gedrängt, berichtete Steiner. Aber damit sei er nicht durchgekommen. Sein Chef Michael Muster, Abteilungsleiter im Finanzministerium, habe ihm sogar schriftliche Anweisungen verweigert. Der habe nur gesagt, dass Biedenkopf dahinter stehe. Und dann noch gemunkelt: „Wenn da mal was rauskommt, schlagen sie uns."
Zum konkreten Ablauf des Geschäfts schilderte Steiner eine Szene vom 10. November 1993. Er sei gerade bei Muster gewesen, als Barth angerufen und die Bedingungen des Mietvertrags diktiert habe. Sie hätten beide mitgeschrieben. Anschließend habe Muster telefoniert: „Grüß Gott, Frau Biedenkopf ..." Es sei nun alles mit Barth abgesprochen, und die Sache gehe in Ordnung.
Der Ministerpräsident hatte im Zeugenstand erklärt, seine Frau habe nie etwas mit dem Paunsdorf-Geschäft zu tun bekommen. Jetzt wird wohl Muster ein zweites Mal als Zeuge gerufen.
(Von Stefan Rössel)