Mitteldeutsche Zeitung, 07.12.2001
Biedenkopfs Nöte mit dem Internet
Akten zur Paunsdorf-Affäre sind jetzt online zu lesen
Dresden/MZ. Die "Biedenkopf-Papiere" stehen im Internet. Auf mittlerweile 40 Seiten soll die Aktensammlung angewachsen sein, die von der Internet-Zeitung "Faktuell" täglich angeboten werden. Diese Aktensammlung bringt Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) in Bedrängnis. Das angebotene Material ist eine bunte Zusammenstellung von Akten des Landeskriminalamtes, der Staatsanwaltschaft Leipzig, der Oberfinanzdirektion Chemnitz, ein Schriftwechsel mit dem Innenministerium sowie Briefe seines Freundes, des Kölner Bauunternehmers Heinz Barth.
Es sind jene Briefe, die bei der SPD im Sächsischen Landtag die Vermutung erhärtet haben, dass Biedenkopf bei seiner Vernehmung vor dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuss nicht die ganze Wahrheit gesagt haben könnte. In der kommenden Woche soll nun im Landtag über den "Ministerpräsidenten und die Wahrheit" debattiert werden.
Dabei schien der so genannte Paunsdorf-Untersuchungsausschuss eigentlich schon am Ende seiner Arbeit. Er sollte klären, ob der Ministerpräsident 1993 beim Abschluss von Mietverträgen für ein Behörden-Zentrum im Leipziger Paunsdorf-Center unzulässig Einfluss zu Gunsten des Investors, seines persönlichen Freundes, des Kölner Bauunternehmers Heinz Barth, genommen hat. Nun aber könnte es sein, dass sogar Kurt Biedenkopf noch einmal vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen muss. Eigentlich sollte ja Barth vernommen werden. Doch der hatte sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen lassen und dem Ausschuss statt dessen seine Aktsammlung zur Verfügung gestellt. Ein Großteil der nun veröffentlichten Papiere, insbesondere der Briefwechsel mit Biedenkopf, dürfte daraus stammen. Dabei werden zwar prinzipiell keine neuen Geheimnisse enthüllt, aber die Vorgänge werden anschaulich.
Da ist jene Staatsanwältin, die nicht recht weiß, wie sie in Ermittlungen zum Behörden-Zentrum weiterverfahren soll. Verjährung droht. Sie wendet sich an das Büro des Generalstaatsanwaltes. Dort erhält sie zunächst den Rat, durch eine Aktion, eine Durchsuchung oder Vernehmung, die Verjährungsfrist zu durchbrechen. Auf den Hinweis, dass es sich bei der Person um den Ministerpräsidenten handele, kommt dann die Anweisung alles zu lassen, wie es ist.
Da ist das Schreiben aus dem Landeskriminalamt, in dem Unverständnis über die Einstellung der Ermittlungen geäußert wird. Da sind vor allem aber die Briefe Barths, der unverhohlen auf die Unterstützung Biedenkopfs bei seinen geschäftlichen Unternehmungen setzt. In einem Brief von 1993 informiert Barth seinen Freund Biedenkopf über die Mietkonditionen für jenes Behördenzentrum in Paunsdorf. Bei einem Vermerk nur wenige Tage später an Finanzminister Georg Milbradt (CDU) übernimmt Biedenkopf fast genau den Wortlaut des Barth-Schreibens.
(Von Ralf Hübner)
Mehr zu diesem Thema > Link: Die Biedenkopf-Papiere bei «faktuell.de»