Karl Nolle, MdL

DNN, 14.12.2001

In der sächsischen Union herrscht Endzeitstimmung

Krisensitzung wegen Affäre Biedenkopf
 
DRESDEN. Die Mühen der vergangenen Tage waren dem Angeschlagenen deutlich anzusehen: Mühsam ging Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) gestern Richtung Plenarsaal, legte mit zerknirschter Miene seine Haare zurecht. Doch der kurze Versuch der Imageverbesserung in eigener Sache nutzte wenig. Im Landtag reihte sich erneut eine Krisensitzung an die nächste, Endzeitstimmung und Tumult in der CDU auf Fluren und Gängen.

Das Thema war stets dasselbe: die Affärenserie des Regierungschefs von Billigmiete über Paunsdorf-Center bis hin zum Ikea-Rabatt. Hinzu kam eine neue Zeitungsmeldung über persönliche Rabatte der Biedenkopfs beim Warenhaus Karstadt. Ein Konzernsprecher wollte das gegenüber unserer Zeitung jedoch nicht kommentieren.

Schon am Morgen trafen sich Biedenkopf und Parteichef Georg Milbradt zum vertraulichen Vier-Augen-Gespräch. Der Inhalt sickerte binnen kurzer Zeit durch: Milbradt soll Biedenkopf geraten haben, lieber jetzt den Hut zu nehmen - in Würde und Ehren; das sei immer noch besser als eine weitere Demontage. Der Grund ist einfach: Regierung, Fraktion und Partei sind der Debatte um die Affären überdrüssig. "Wir kommen gar nicht mehr zu unserer eigentlichen Arbeit", stöhnten genervte Unionspolitiker auch gestern in Serie.

Mittags ging es dann erneut zur Sache. In einer Krisensitzung der CDU-Fraktion sollen gleich vier Abgeordnete unter Beifall für einen vorzeitigen Verzicht des Ministerpräsidenten plädiert haben: Volker Schimpff, Hermann Winkler, Steffen Heitmann, Veronika Bellmann. Am Morgen hatte jedoch eine Riege von Leuten wie Sozialminister Hans Geisler und dem Ausländerbeauftragten Heiner Sandig dem Ministerpräsidenten Rückendeckung gegeben.

Den ganzen Tag über wurde dennoch mit einem möglichen Rücktritt Biedenkopfs gerechnet. Doch der fuhr zu einem Protokolltermin nach Chemnitz, während Regierungssprecher Michael Sagurna gebetsmühlenartig wiederholte: "Es steht kein unmittelbarer Rücktritt bevor." Der Termin sei eine persönliche Entscheidung des Regierungschefs:"Und die trifft er dann, wenn er es für richtig hält."

Heute wird sich Biedenkopf zur Landtagsdebatte "Der Ministerpräsident und die Wahrheit" äußern. Dabei dürfte es nicht nur um den Paunsdorf-Untersuchungsausschuss gehen. Anschließend tritt Biedenkopf vor die Presse - Überraschungen nicht ausgeschlossen.
(J. Kochinke / S. Heitkamp)

Karl Nolle im Webseitentest
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