Süddeutsche Zeitung, 13.12.2001
Sächsischer Amtsbonus
Biedenkopf bedauert, bei Ikea einen Rabatt erhalten zu haben
Zunächst sollte es eine reine Privatsache bleiben. Nun aber haben sich Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und sein Sprecher Michael Sagurna doch zu der kleinen Affäre geäußert, die dem langjährigen Regierungschef in Dresden in Boulevardzeitungen den ein wenig peinlichen Beinamen „Rabatt-König" eingebracht hat. In der Sache handelt es sich um eine Petitesse: In der vergangenen Woche hatten der sächsische Ministerpräsident und seine Frau bei Ikea im Dresdner Elbe-Park eingekauft. Bei diesem Möbelhaus erhält grundsätzlich, das bestätigte Geschäftsführer Dieter Gilsbach der Süddeutschen Zeitung, niemand Rabatt Dem Ministerpräsidenten und seiner Frau gelang aber die große Ausnahme. 132 Mark Nachlass haben die Biedenkopfs offenbar erhalten. Geschäftsführer Gilsbach bezeichnet dies nun ausdrücklich als Fehler, der nicht hätte geschehen sollen. Bei Ikea seien alle Menschen gleich. Er betont aber auch, dass der Ministerpräsident und seine Frau die Mitarbeiter des Hauses keineswegs direkt bedrängt hätten. Zu dem Rabatt sei es bei jenem Einkauf aber erst nach mehreren Nachfragen innerhalb des Hauses gekommen An der Kasse werde so etwas nicht entschieden. Dass Rabatt gewährt wurde, erklärt der Geschäftsführer auch mit der besonderen Wirkung die es habe, wenn das im Land bekannte Ehepaar Biedenkopf, begleitet von zwei Leibwächtern, vor einem stehe.
Auch Regierungssprecher Sagurna wurde am Mittwoch gefragt, wie es denn wohl zu erklären sei, dass niemand bei Ikea Rabatt erhalte, dafür aber die Biedenkopfs. "Ich nehme an, dass das was mit dem Amt zu tun hat", antwortete Sagurna offen. Ob es denn schicklich sei, so ein Privileg in Anspruch zu nehmen, mochte Sagurna nicht einschätzen. Da müsse man seinen Chef schon selbst fragen. Er glaube aber aus verschiedenen Grinden nicht, dass sich so ein Vorfall wiederholen werde.
Der Ministerpräsident selbst äußerte sich zunächst nicht gegenüber der Presse. Doch der CDU-Fraktionsvorsitzende Fritz Hähle erklärte am Mittwochmittag, dass Biedenkopf im Fraktionsvorstand von einem Fehler gesprochen habe. Aus der anschließenden Fraktionssitzung hieß es, der Ministerpräsident habe sich entschuldigt. Das sei mit kaltem Schweigen kommentiert worden.
Die Stimmung in der sächsischen Union ist ausgesprochen gereizt - nicht nur wegen der Kleinigkeit des Ikea-Rabatts. Die Christdemokraten leiden schwer unter den Affären des Ministerpräsidenten - auch im Zusammenhang mit dem so genannten Paunsdorf-Untersuchungsausschuss, der sich mit der Frage beschäftigt, ob Biedenkopf zu Gunsten eines befreundeten Bauunternehmers Einfluss genommen hat. Seit Anfang dieser Woche kursieren im Umfeld seines Kabinetts Gerüchte, dass Biedenkopf bereits nach einem Nachfolger suche. Am morgigen Freitag wird der Regierungschef sich in einer aktuellen Debatte zu den Vorwürfen äußern - der "Ministerpräsident und die Wahrheit" lautet der Titel der Debatte.
Der bei Ikea ausgehandelte Rabatt soll einem karitativen Zweck zugute kommen.
(Jens Schneider)