Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 15.12.2001

Gebeutelter Ministerpräsident sieht sein Gewissen rein

Kurt Biedenkopf wehrt sich im Parlament gegen die Angriffe der Opposition
 
DRESDEN. Kurt Biedenkopf läuft rot an, trommelt mit der rechten Faust auf das Rednerpult, seine Stimme überschlägt sich fast: Nein, er werde nicht zulassen, dass die Opposition seinen Duz-Freund, den Kölner Bauunternehmer Heinz Barth, wie einen Verbrecher behandele. Die Amigo-Vorwürfe von SPD und PDS in Sachen Paunsdorf-Center seien völlig unbegründet. Barth habe in das Projekt 1,2 Milliarden Mark investiert. "Sie haben kein Verhältnis dazu, was Sie hier anrichten", donnert Biedenkopf unter starkem Beifall der CDU-Abgeordneten in die Oppositionsbänke. Deren Fraktionschefs Thomas Jurk (SPD) und Peter Porsch (PDS) ließen sich freilich nicht beirren und forderten erneut den Rücktritt Biedenkopfs.

Dennoch: Wenn es überhaupt noch eine Regie im gegenwärtigen Drama um den Abgang des Ministerpräsidenten gibt, dann war gestern der Tag des angeschlagenen Regierungschefs. "Der Ministerpräsident und die Wahrheit" hatte die SPD die Aktuelle Debatte im Landtag überschrieben. Stein des Anstoßes: Biedenkopf soll den Paunsdorf-Untersuchungsausschuss belogen haben. Er hatte bei seiner Vernehmung bestritten, Mietkonditionen Barths für die in Paunsdorf untergebrachten Behörden übernommen und an den Finanzminister weitergeleitet zu haben. Indes tauchte ein Briefwechsel mit den Vorstellungen des Unternehmers auf, der genau diesen Verdacht nahe legt.

Biedenkopf wehrt sich jedoch vehement gegen die Vorwürfe: "Barth hat noch nie etwas für mich konzipiert. Ich habe den Ausschuss nicht angelogen, und ich habe keinen Freund begünstigt", sagte der Gescholtene. Für das Land sei kein Schaden entstanden. Am 10. Januar, so beschloss der Paunsdorf-Ausschuss gestern, wird sich Biedenkopf nun noch einmal detailliert zu den Vorwürfen äußern müssen.

Dieser Tag könnte zugleich einer der letzten großen Auftritte in seinem Amt als Ministerpräsident werden. Denn hinter den Kulissen wird kaum noch bestritten, dass im Januar neuerliche Gespräche über den Rücktrittstermin folgen sollen, um seinen Abgang aus dem Bundestagswahlkampf herauszuhalten.

Auf einer Pressekonferenz erklärte Biedenkopf gestern selbst, dass sein bisheriger Zeitplan, Ende 2002 das Amt an einen Nachfolger zu übergeben, keineswegs mehr fest steht. Er werde einen geregelten Übergang zu Stande bringen. Wann, entscheide er selbst. Dabei geht es nicht nur um Paunsdorf. Der 71-Jährige muss sich auch wegen seines Rabatts bei Ikea - den er schon zu Bonner Zeiten genossen haben will - und einer Bonuskarte beim Warenhaus Karstadt rechtfertigen. Die Vorteile, die das Ehepaar Ingrid und Kurt Biedenkopf dabei genießen, würden aber allesamt karitativen Zwecken zufließen. "Wir haben mal versucht, das abzuschätzen, es müssen bis zu 20 000 Mark im Jahr sein, die wir aus unserem privaten Einkommen für soziale Zwecke spenden", rechnet Biedenkopf vor. "Wir haben ein reines Gewissen."

Das sehen manche freilich anders. So hatte SPD-Mann Karl Nolle Einkaufstüten der beiden Warenhäuser an seinem Landtagstisch aufgehängt. Landespolitik wird zurzeit in allen Lagern mit gehässigen Gesten gemacht. Das ist innerhalb der Unionsfraktion nicht anders. So hat eine wüste Auseinandersetzung zwischen dem CDU-Vorsitzen- den Georg Milbradt und seinem Fraktionschef Fritz Hähle am Donnerstag dazu geführt, dass Milbradt die gerade erworbene Zustimmung als Biedenkopf-Nachfolger zu verspielen droht. Dass ein neuerlicher Vorwurf gegen Biedenkopfs, die sich auf einer Gewerbemesse in Kamenz Honig und Töpferwaren haben schenken lassen, gerade aus dem Wahlkreis Milbradts kommt, macht die Geschichte nicht eben besser.

Über die Weihnachtstage, so sagte Biedenkopf, wolle er in Ruhe über die Ereignisse der letzten Tage nachdenken. Die Union wartet gespannt, zu welchem Ergebnis er kommt.
(von Sven Heitkamp)

Karl Nolle im Webseitentest
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