Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 17.12.2001

Ministerpräsident weiter in Bedrängnis

Aufregung um Rücktrittsforderung aus eigenen Reihen
 
Dresden. Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) bleibt politisch in Bedrängnis. Wegen seiner Verwicklung in verschiedene Affären forderte ihn nun auch die Landes-FDP auf, die Vertrauensfrage im Landtag zu stellen. Nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" sollen zudem einem von Biedenkopf protegierten Großinvestor Steuern in Höhe von 20 Millionen Mark (10,2 Millionen Euro) erlassen worden sein. Regierungssprecher Michael Sagurna wies diese neuen Vorwürfe zurück.
Unterstützung erhielt Biedenkopf am Wochenende dagegen von CDU-Fraktionschef Fritz Hähle und Sachsens CDU-Generalsekretär Hermann Winkler. Winkler dementierte die Darstellung der "Bild am Sonntag", er habe den Rücktritt Biedenkopfs gefordert. "Der Zeitpunkt für einen Rücktritt liegt bei Kurt Biedenkopf allein", sagte Winkler gestern. Hähle beteuerte, Biedenkopf halte "das Heft des Handelns fest in der Hand".

Ikea-Chef widerspricht Biedenkopfs Version

Fritz Hähle erklärte zudem, er werde es nicht dulden, dass "die Erfolge des Ministerpräsidenten wegen dieser Lappalie kaputt gemacht werden". Der Fraktionsvorsitzende nahm damit Bezug auf die umstrittenen Umstände eines Einkaufs Biedenkopfs im Dresdner Möbelhaus Ikea. Der Regierungschef und seine Frau hatten dort einen Rabatt von 15 Prozent erhalten und sparten damit 132 Mark. Bislang ungeklärt ist, ob Biedenkopf und seine Frau tatsächlich massiv auf den Preisnachlass gedrungen haben, wie Zeugen berichteten.
Der Dresdner Ikea-Filialleiter Dieter Gilsbach hat der Aussage Biedenkopfs, er habe den gewährten Preisnachlass zuvor mit der Ikea-Geschäftsführung abgesprochen, inzwischen erneut nachdrücklich widersprochen. Stattdessen seien Biedenkopf und dessen Frau in Anwesenheit ihrer "riesigen Bodygards" gegenüber dem Kassenpersonal "sehr forsch" aufgetreten. "Das hat wohl dazu geführt, dass es sich zu dem Rabatt überreden ließ", sagte Gilsbach.

Premiersgattin: Vorwürfe sind absurd und widerlich

Ingrid Biedenkopf hat ihre umstrittene Praxis, beim Einkaufen Rabatte auszuhandeln, dagegen vehement verteidigt. So etwas mache sie schon jahrelang, und die dadurch erzielten Vorteile kämen ausschließlich sozialen Zwecken zu Gute, erklärte sie am Wochenende. Es gehe ihr immer um das Wohl von sozial bedürftigen Menschen und "sonst gar nichts". Gleichzeitig bezeichnete sie die gegen sie und ihren Mann im Zusammenhang mit den Rabatten erhobenen Vorwürfe als "absurd und widerlich".

Kurt Biedenkopf hatte zuletzt am Freitag einen raschen Rücktritt ausgeschlossen. Er will aber spätestens nach der Bundestagswahl im Herbst sein Amt vorzeitig aufgeben. Mit den Landtagswahlen 1999 war Biedenkopfs CDU-Regierung für fünf Jahre bestätigt worden.

Bei dem angeblichen neuen Günstling Biedenkopfs handelt es sich laut Bericht des "Spiegels" um den Heidelberger Bauunternehmer Roland Ernst. Er sei bei der später in Konkurs gegangenen Sachsenmilch AG und dem Dresdner Herzzentrum involviert gewesen.

"Herr Biedenkopf unterhält keinerlei freundschaftlichen Kontakt zu dem Bauunternehmer. Die Geschichte ist über 15 Ecken konstruiert", erklärte dagegen Regierungssprecher Sagurna. Zwischen Ernsts Finanzgeschäften und dem Herzzentrum gebe es keinen Zusammenhang. Biedenkopf hatte bereits am Freitag erklärt, er habe sich für das Herz- und Kreislaufzentrum nicht anders eingesetzt als für andere Projekte auch.
(dpa/AP/SZ)

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