Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 18.12.2001

Biedenkopfs Ära endet - Kommentar von Johann Michael Möller

Neben allen unbestreitbaren Leistungen wird zur Hinterlassenschaft der Ära Biedenkopf auch der erschreckende Mangel an demokratischer Kultur zählen -
 
Es ist nicht die Größe des Fehltritts, die Kurt Biedenkopf jetzt zum Verhängnis wird, es ist seine Kleinlichkeit. Das würdelose Feilschen um ein paar Mark Rabatt im Kaufhaus hat den einst verehrten und gefürchteten König von Sachsen mehr entzaubert als alle kleineren und größeren Anschuldigungen der letzten Zeit. Keine Staatsaffäre, keine Verschwörung, sondern der kleine persönliche Vorteil hat jenen Mann vom hohen Ross stürzen lassen, dem der Freistaat nach der Wende wohl mehr verdankt als jedem anderen. Jetzt wird deutlich, dass Biedenkopf doch nicht wie ein Landesvater, sondern eher wie ein Autokrat gehandelt hat, der sein Lebenswerk am Ende lieber scheitern sieht, als es aus der Hand zu geben. Politische Söhne und Töchter jedenfalls sind neben ihm nicht wirklich groß geworden.

Das ist ein ganz und gar unzeitgemäßer Vorgang und würde eher in ein bürgerliches Trauerspiel passen als an die Spitze eines demokratischen Verwaltungsstaates mit seinem prosaischen Prinzip des Machtwechsels. Aber der Umstand, dass es in Sachsen überhaupt so weit kommen konnte, zeigt das eigentliche Problem. Es geht nicht um die Allüren eines altgewordenen Herrscherpaares, nicht um den lächerlichen Rabatt im Kaufhaus und die armselige Vorteilssuche, es ist der erschreckende Mangel an demokratischer Kultur, der da zu Tage tritt und neben allen unbestreitbaren Leistungen zur Hinterlassenschaft der Ära Biedenkopf zählen wird. Biedenkopf hat sein Land geordnet. Aber dafür seine Partei in politischer Unmündigkeit gehalten. Dagegen wehrt sie sich endlich - allerhöchste Zeit.

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