Agenturen dpa-sn, 11:29 Uhr, 22.12.2001
Zeitung: CDU-Politiker legen Biedenkopf den Rücktritt nahe
Hamburg/Dresden (dpa/sn) - Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) steht in der Rabatt-Affäre weiter unter Druck. Führende CDU-Politiker rückten nach einem Bericht der «BILD am SONNTAG» von Biedenkopf ab und legten ihm den Rücktritt nahe. «Biedenkopf sollte über Weihnachten mal nachdenken, ob er sich selbst einen Gefallen tut, wenn er im Amt bleibt», sagte Jens Eckhoff, CDU- Fraktionsvorsitzender in der Bremischen Bürgerschaft, der Zeitung. Es sei «peinlich, dass ein Ministerpräsident und seine Frau um Preise feilschen».
Biedenkopf hatte bei einem Einkauf in dem schwedischen Möbelhaus Ikea einen eigentlich unüblichen Rabatt von 15 Prozent erhalten. Vor seinem Kabinett behauptete der Regierungschef, er habe den Preisnachlass zuvor mit der Geschäftsführung des Möbelhauses abgesprochen. Der Dresdner IKEA-Chef Dieter Gilsbach hatte dies jedoch zurückgewiesen.
Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Volker Kauder sagte dem Blatt: «Ich habe gerade selbst bei IKEA eingekauft und wäre nicht auf den Gedanken gekommen, Rabatt zu verlangen. So hätte sich auch Herr Biedenkopf verhalten sollen.» Die thüringische CDU- Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld warf Biedenkopf vor, die Chancen der sächsischen CDU bei der nächsten Wahl zu mindern. «Daher sollte er seinen Rückzug aus dem Amt beschleunigen», forderte Lengsfeld, die dem Fraktionsvorstand der Union angehört.
«Wenn es stimmt, dass Biedenkopf vor dem Kabinett die Unwahrheit gesagt hat, wäre fast schon der Tatbestand der Täuschung erfüllt», sagte der rheinland-pfälzische CDU-Parlamentarier Werner Wittlich. «Biedenkopf sollte diese Affäre mit einbeziehen, wenn er einen Zeitplan für seinen Rückzug macht.»
Trotz massiver Kritik an seiner Person hatte Biedenkopf erst unlängst einen raschen Rücktritt ausgeschlossen. Der 71-Jährige war in diesem Jahr mehrfach in die Negativ-Schlagzeilen geraten. So war ihm und seiner Frau im Zuge der Mietaffäre unter anderem persönliche Vorteilnahme vorgeworfen worden. Biedenkopf hatte dies vehement zurückgewiesen. Letztlich musste er rund 122 000 Mark (62 400 Euro) wegen der privaten Beschäftigung von Personal, privater Dienstwagennutzung und für Miete an das Land nachzahlen.
Am 10. Januar muss Biedenkopf zum zweiten Mal vor dem Paunsdorf- Untersuchungsausschuss aussagen. Der Ausschuss soll klären, ob Biedenkopf oder andere Regierungsmitglieder auf die Vermietung eines Bürokomplexes in Leipzig-Paunsdorf unzulässig Einfluss ausübten. Die Immobilie war von dem mit Biedenkopf befreundeten Unternehmer Heinz Barth im Auftrag des Landes errichtet worden.
(Der Bericht lag dpa vorab in redaktioneller Fassung vor)
dpa/sn am yysn gr
221129 Dez 01