Süddeutsche Zeitung, 17.12.2001
Rabatt-Affäre: Biedenkopf mächtig unter Druck
CDU-Generalsekretär Hermann Winkler legt dem Ministerpräsidenten den Rücktritt nahe.
SZ vom 17.12.2001) - Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Hermann Winkler, hat nun auch offen Konsequenzen aus den Affären des christdemokratischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf gefordert. „Die Dinge müssen geregelt werden“, sagte Winkler der Süddeutschen Zeitung. „Die Sache muss vom Tisch.“ Er habe keine Lust im Bundestagswahlkampf „mit den Bürgern über Biedenkopfs Rabatte zu diskutieren statt über rot-grüne Politik.“ Die Affären des Ministerpräsidenten vor allem im Zusammenhang mit Rabatten bei Karstadt und Ikea würden die politische Diskussion im Land und in seiner Partei dominieren, klagte Winkler. Er werde überall darauf angesprochen und könne keine politischen Sachdiskussionen mehr führen.
Winkler zählte bereits am vergangenen Donnerstag zum Kreis von vier CDU-Abgeordneten, die bei einer außerordentlichen Sitzung der CDU-Landtagsfraktion in Dresden intern den Rücktritt des Ministerpräsidenten gefordert hatten.
Bei dieser Sitzung hatte neben Winkler unter anderem auch der frühere Justizminister Steffen Heitmann verlangt, dass Biedenkopf Konsequenzen aus den Affären ziehen solle. Am Ende dieser Sitzung hatte sich aber eine Mehrheit dafür ausgesprochen, dass der 71 Jahre alte Ministerpräsident zunächst weiter im Amt bleiben solle. Er solle die Möglichkeit haben, „gehobenen Hauptes“ seinen Abschied zu nehmen, erklärte Fraktionschef Fritz Hähle gegenüber der SZ.
Auch Parteichef Georg Milbradt unterstützt nach außen diese Linie. Allerdings soll Milbradt dem Ministerpräsidenten bereits in einem Vier-Augen- Gespräch den Rücktritt nahe gelegt haben. Der frühere Finanzminister Milbradt gilt als Favorit für Biedenkopfs Nachfolge.
Biedenkopf wird unter anderem vorgeworfen, dass er in einem Untersuchungsausschuss gelogen habe. Dabei geht es um die Investition eines mit ihm eng befreundeten Bauunternehmers, den er zu Lasten des Freistaats Sachsen begünstigt haben soll. Zudem wird Biedenkopfs Ansehen durch das Bekanntwerden von Sonderrabatten belastet, die seine Frau unter anderem bei Karstadt und Ikea in Anspruch genommen hat.
Am Freitag hatte Biedenkopf bestätigt, dass seine Frau in jenen Geschäften und wohl auch bei anderen Ketten Rabatte erhielt. Bei Karstadt genoss Frau Biedenkopf Berichten zufolge die Vorzüge einer Mitarbeiter-Karte. Biedenkopf rechtfertigte dies mit dem karitativen Einsatz seiner Frau. Jede eingesparte Mark werde gespendet. Einen Nachweis dafür könne er aber nicht erbringen. Der Ministerpräsident behauptet zudem, dass der Rabatt bei Ikea vorab abgesprochen gewesen sei. Dies hatte Biedenkopf auch schon gegenüber seinem Kabinett und der CDU-Fraktion erklärt. Der Geschäftsführer von Ikea- Dresden, Dieter Gilsbach, bezeichnete diese Darstellung indes bereits am Mittwoch als „erstunken und erlogen“. Dem Ministerpräsidenten sei nie vorab ein Rabatt gewährt worden, das habe Ikea nicht nötig.
Von Jens Schneider