DIE WELT, 24.12.2001
King Kurt aus Afrika
Glosse von Matthias Kamann
Auf afrikanischen Märkten gibt es keine Festpreise. Alles ist verhandelbar, man kann und muss feilschen. Den Deutschen hingegen fällt das schwer. Das neue Rabattgesetz hat hiesigen Preisverhandlungen kaum Auftrieb gegeben. Mit einer Ausnahme: der des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf.
Warum gerade in Sachsen so erbittert gefeilscht wird, während im übrigen Deutschland die unverbindlichen Preisempfehlungen als verbindlich betrachtet werden, lässt sich nun endlich wissenschaftlich erklären. Sachsen ist nämlich, zusammen mit Thüringen, erdgeschichtlich ein Teil von Afrika. Geologische Forschungen des Sächsischen Museums für Mineralogie in Dresden haben ergeben, dass die Saxothuringikum genannte Landmasse zur afrikanischen Festlandmasse des Urkontinents Gondwana gehörte. Erst nach dessen Auseinanderbrechen haben sich die beiden Bundesländer dem europäischen Kontinent anverwandelt.
Nun ist natürlich klar, warum King Kurt, Sachsens oberster Repräsentant, immerzu und allerorten Rabatt verlangt: Er pflegt, ganz Landesvater, das afrikanische Erbe seines Freistaats. Und genauso klar ist, warum das Opernhaus seines Regierungssitzes, die Dresdner Semperoper, als Reklameträger für die Biermarke "Radeberger" dient: Wie in Afrika die Kalebasse sowohl als Trommel wie auch als Gefäß für alkoholhaltige Getränke verwandt wird, so vermag auch die Semperoper dem Musik- wie dem Biergenuss zu dienen.