Agenturen, dpa/sn, 20:00 Uhr, 13.01.2002
Nolle: SPD-Fraktion will doch Neuwahlen
Parteien/SPD/Regierung/
Wochenendzusammenfassung 2000 - neu: SPD doch für Neuwahlen)
Dresden (dpa/sn) - Die SPD-Fraktion im sächsischen Landtag will nach dem angekündigten Rücktritt von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) doch Neuwahlen. Das erklärte der Dresdner SPD- Landtagsabgeordnete Karl Nolle am Sonntagabend. Fraktionsvorstand und Fraktion stünden klar hinter Fraktionschef Thomas Jurk, der sich nach einer Meinungsumfrage für Neuwahlen stark gemacht hatte. 74 Prozent der Sachsen hatten in der Umfrage, die von der SPD in Auftrag gegeben worden war, Neuwahlen befürwortet.
Jurk sagte am Abend der dpa, er wolle der Fraktionssitzung am kommenden Mittwoch nicht vorgreifen, die über das Thema beraten soll. «Das SPD-Präsidium hat keinen Beschluss gefasst, der Neuwahlen ausschließt», fügte Jurk hinzu. «Es wurde lediglich festgestellt, dass die konkurrierenden Parteien CDU und PDS im Landtag Neuwahlen verhindern.»
Noch Freitagabend hatte Landesvorsitzende Constanze Krehl nach einer Präsidiumssitzung erklärt, ihre Partei werde keinen Antrag auf Neuwahlen in den Landtag einbringen. Als Grund für den einstimmigen Beschluss nannte sie die ablehnende Haltung der CDU-Mehrheit sowie der größeren Oppositionspartei PDS. «Natürlich kann die Fraktion frei entscheiden», sagte Krehl der «Dresdner Morgenpost» (Montag). «Ich gehe aber davon aus, dass sich die Fraktion an das hält, was die Partei will.»
Auch SPD-Fraktionschef Jurk stimmte für den Präsidiumsbeschluss. Kurz nach dem Jahreswechsel hatte Jurk argumentiert, die Ergebnisse der Landtagswahl von 1999 hätten nichts mehr mit der Zustimmung der Sachsen für die CDU-Politik zu tun. Deshalb müsse es Neuwahlen geben. Noch nach Bekanntwerden der Umfrage zu Neuwahlen erklärte der Fraktionschef: «Die Sachsen haben 1999 Kurt Biedenkopf gewählt und nicht die CDU. Deshalb wollen sie seine Nachfolge selbst durch Neuwahlen bestimmen und dies nicht kleinen CDU-Zirkeln überlassen.»
Krehl sagte, die SPD wolle sich nunmehr darauf konzentrieren, die CDU zur Sacharbeit zu zwingen. Die Sozialdemokraten wollten versuchen, die Auseinandersetzung mit CDU und PDS vor allem auf den Gebieten Bildung, Hochschulen und Wirtschaft zu suchen.
Biedenkopf steht seit Monaten wegen einer Reihe von Affären unter politischem Druck. Er hatte erst Anfang dieser Woche angekündigt, dass er seine Amtszeit wesentlich verkürzen will. Zum Zeitpunkt des Rücktritts will er sich in der kommenden Woche äußern. Ursprünglich wollte er sein Amt Ende 2002/Anfang 2003 aufgeben. In Sachsen sind 2004 Landtagswahlen.
Die CDU hatte sich im vorigen Jahr darauf verständigt, dass nach einem Rücktritt von Biedenkopf dessen Nachfolger auf einem Sonderparteitag vorgeschlagen wird. Das letzte Wort hat die
CDU-Fraktion, die den Nachfolger dann zur Wahl im Landtag vorschlägt. Biedenkopf selbst will keinen Nachfolger vorschlagen. Als aussichtsreicher Kandidat wird sein früherer Finanzminister Georg Milbradt gehandelt, der im Herbst vergangenen Jahres gegen den Willen des Regierungschefs zum CDU-Landesvorsitzenden gewählt worden war.
(Der Beitrag der «Dresdner Morgenpost» wurde dpa vorab übermittelt.)
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132000 Jan 02