DNN, 15.01.2002
Bizarrer Bruderzwist
Kommentar von Jürgen Kochinke
DRESDEN. Der derzeitige Stand der sächsischen SPD ist alles andere als komfortabel. Kaum mehr als zehn Prozent holten die Sozialdemokraten bei der letzten Landtagswahl, und jetzt leisten sich Fraktion und Partei noch einen internen Bruderzwist der bizarren Art. Die politische Konkurrenz von CDU und PDS kann jubilieren, und der gemeine Sachse wundert sich.
Dabei ist der Streit in der Sache seit langem überfällig. Es geht um mehr als um Polit-Kosmetik, in Frage steht das Selbstverständnis der SPD als Opposition. Bescheidenheit oder Angriff lautet die Frage, die hinter dem Theaterdonner steht. Hier hat sich die Fraktion entschieden. Seit Monaten treibt sie die CDU-geführte Staatsregierung vor sich her, das heißt von Affäre zu Affäre. Und ganz in diesem Sinne fordert Fraktionschef Jurk schon mal mehr, als durchsetzbar erscheint - Neuwahlen zum Beispiel.
Für Parteichefin Krehl sind solche Spiele über die politische Bande ein Graus. Sie sagt am liebsten wenig, außer, dass sie die PDS nicht mag. Das liegt an ihrem Politikverständnis, das staatstragender ist, als die Opposition erlaubt. Was bleibt, sind zwei Vorteile: Erstens will kein anderer derzeit ihren Job, und zur Förderung persönlicher Karrieren ist der Streit nahezu bedeutungslos. Denn sollte Leipzigs OB Tiefensee 2004 als SPD-Spitzenkandidat antreten, hat Krehl genauso wenig Chancen wie Jurk.
(Jürgen Kochinke)