Agentren, dpa/sn, 18:53 Uhr, 15.01.2002
Giesen kritisiert Umgang mit Akten - Staatskanzlei sieht Entlastung
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Datenschutzbeauftragter Thomas Giesen hat den Umgang mit Akten in der Sächsischen Staatskanzlei, vor allem im Zusammenhang mit der «Paunsdorf-Affäre» kritisiert. «Aktenordnung und -vollständigkeit lassen zu Wünschen übrig», sagte Giesen am Dienstag der dpa. So seien Schreiben, die den Informationsaustausch zwischen Staatskanzlei und Investor Heinz Barth betreffen, nicht auffindbar. Das Fehlen eines Briefes von Barth an Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) wertete Giesen als «persönlichen Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Aktenführung».
Die Staatskanzlei sieht sich jedoch durch Giesens Aktenkontrolle entlastet. In seinem Bericht an den Landtag über den Verlust von Aktenteilen habe er «keine nennenswerten datenschutzrechtlichen Beanstandungen» erhoben, erklärte die Staatsregierung am Abend in einer Pressemitteilung. Giesen spekuliere lediglich über die Art und Weise, wie das Schreiben abhanden gekommen sei.
«Bedauerlicherweise lässt sich der Vorgang nicht mehr klären», heißt es in der Mitteilung. «Wäre das Schreiben jedenfalls früher bekannt geworden, hätte es für die Amigo-Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten noch weniger Anlass gegeben als ohnehin schon.» Die Aktensuche in der Staatskanzlei sei abgeschlossen.
Giesen: «Ich behaupte, dass der Ministerpräsident das Schreiben gehabt hat.» So habe Biedenkopf angewiesen, die Anlagen den Akten beizufügen, das Schreiben Barths mit den gesamten Daten und Wünschen zur Anmietung selbst aber den Akten vorenthalten. Weil die Akten nicht vollständig seien, «ist es für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss faktisch unmöglich, die volle Wahrheit aufzuklären.»
Dieser untersucht, ob Regierungsmitglieder zum Schaden des Landes den Abschluss von Mietverträgen in dem Bürokomplex am östlichen Leipziger Stadtrand beeinflusst haben. Nach Ansicht der Opposition wurden in den 90er Jahren zu hohe Mieten für dort untergebrachte Landesbehörden vereinbart und damit der Investor begünstigt. Der Regierungschef hatte das mehrfach zurückgewiesen.
Bei der Kontrolle in der Staatskanzlei im Dezember hatten sich die Datenschützer auf Paunsdorf als Stichprobe konzentriert und dabei die Ablage von Unterlagen aus den Jahren 1990 bis 1995 untersucht. «Einige Schreiben waren im Posteingang registriert, dann in den Akten aber nicht mehr zu finden», bemerkte Giesen. Dies habe vor allem den Schriftverkehr mit dem Barth-Unternehmen betroffen.
«Eine vollständige Vorlage der betreffenden Dokumente war der Staatskanzlei nicht möglich», schrieb Giesen in seinem am Dienstag veröffentlichten Bericht an den Landtag. Der Bericht erhärte den Verdacht, dass dieses Beweisstück absichtlich entweder erst gar nicht in die Akte gelangt oder dort nachträglich wieder verschwunden sei, hieß es in einer Erklärung aus der SPD-Fraktion.
dpa/sn sb yysn gr
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