Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 15:30 Uhr, 15.01.2002

Biedenkopf will Rücktritts-Zeitplan verkünden

Untreue-Anzeige durch SPD - Nolle
 
Dresden (dpa/sn) - Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) will an diesem Mittwoch den Zeitplan für seinen angekündigten Rücktritt erläutern. Der 71-Jährige steht seit mehreren Monaten wegen einer Reihe von Affären unter politischem Druck. Vor einer Woche hatte er erklärt, dass er seine Amtszeit wesentlich verkürzen will. Ursprünglich wollte der dienstälteste Ost-Ministerpräsident sein Amt Ende 2002/Anfang 2003 aufgeben. In Sachsen sind 2004 Landtagswahlen.

Biedenkopf wird zunächst am Vormittag die CDU-Fraktion über seine Pläne informieren. In der CDU wird erwartet, dass er einen konkreten Zeitpunkt für seinen Rücktritt nennt. Gegen Mittag tritt Biedenkopf vor die Presse. Danach äußert sich CDU-Vorsitzender Georg Milbradt, der im Herbst gegen den Willen Biedenkopfs in dieses Amt gewählt worden war. Der 56-Jährige war vor einem Jahr wegen des Streites um die Nachfolge als Finanzminister entlassen worden und gilt als Anwärter auf das Ministerpräsidenten-Amt.

Die SPD-Fraktion wird am Mittwoch zeitgleich beraten, ob sie nach dem Rücktritt Biedenkopfs Neuwahlen beantragt. Darum war parteiintern am vergangenen Wochenende Streit ausgebrochen. Eine von der SPD in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge haben sich 74 Prozent der Sachsen für Neuwahlen bei einem Biedenkopf-Rücktritt ausgesprochen.

Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle zeigte Biedenkopf am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft Leipzig wegen Untreue an. Hintergrund ist der Streit um das Paunsdorf-Behördenzentrum in Leipzig, das der mit dem Regierungschef befreundete Kölner Bauunternehmer Heinz Barth errichtet hatte. Die Opposition wirft Biedenkopf vor, den Abschluss der Mietverträge zu Gunsten seines Freundes beeinflusst zu haben. Nach Berechnungen der PDS, die die Preise mit heutigen Mietkonditionen verglichen hat, beläuft sich der daraus entstandene und noch zu erwartende Schaden auf etwa mindestens 153 Millionen Euro (300 Millionen Mark).

Biedenkopf habe bei der Anmietung für Landesbehörden ungünstige Mietbedingungen in Kauf genommen, begründete Nolle seine Anzeige. Es sei Biedenkopfs fester Wille gewesen, das Behördenzentrum zu mieten. «Dieser Wille und seine Verwirklichung wurden von den Beteiligten der Liegenschafts- und Finanzverwaltung mit einem noch nicht durchdrungenen Geflecht von Zusammenwirken gefördert.»

Nolle griff in seiner Erklärung zugleich Ex-Finanzminister Milbradt an. Er sei so wie der Ministerpräsident für die Anmietung des Behördenzentrums verantwortlich. «Ex-Minister Milbradt muss erklären, warum er mitgemacht hat und wie: durch Billigung, aktives Zutun oder Duldung.»

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hatte bereits in den 90er Jahren gegen Verantwortliche der Liegenschaftsverwaltung des Freistaates wegen des Verdachts der Untreue vorermittelt. Diese 2000 eingestellten Ermittlungen müssten wieder aufgenommen werden, verlangte Nolle.

Der Regierungschef hatte einen Einfluss auf die Mietverträge mehrfach zurückgewiesen. Regierungssprecher Michael Sagurna sagte der dpa: «Herr Nolle hat im Ausschuss wieder einmal auf Granit gebissen. Nun bemüht er die Staatsanwaltschaft. Das kennen wir schon. Anzeige kann jeder erstatten.» Staatsanwalt Norbert Röger bestätigte auf Anfrage den Eingang der Anzeige.

Die PDS verlangte, Biedenkopf solle bis Anfang April sein Amt aufgeben. Im Interesse des Landes müsse der Zeitpunkt so gewählt sein, dass der neue Regierungschef bis spätestens Mitte April gewählt werden könne, erklärte PDS-Fraktionschef Peter Porsch am Dienstag in Dresden.

dpa/sn st yysn gr
151530 Jan 02

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