Sächsische Zeitung, 17.01.2002
Bundes-CDU geht auf Tauchstation
Merkel schweigt zu Biedenkopfs Abgang / Müntefering: Schöne Zeit für Union vorbei
DRESDEN/BERLIN. Sendepause in der Berliner CDU-Zentrale: Auf die mittäglichen Neuigkeiten aus Dresden reagierte die Parteispitze mit Schweigen. Kein Wort, weder zu Biedenkopf noch zu Milbradt, der ihm folgen möchte. Noch nicht mal den ansonsten parteiübergreifend üblichen Dank für das, was der scheidende Amtsinhaber geleistet habe, spuckte das Faxgerät aus. Erst recht nichts zu den massiven Vorwürfen, mit denen der noch amtierende Ministerpräsident den Vorsitzenden seiner Landespartei und möglichen Nachfolger überzog. Parteichefin Angela Merkel wolle dazu nichts sagen, hieß es. Erklärt wurde die Sprachlosigkeit damit, dass eine Würdigung der Verdienste Biedenkopfs dann geschehe, wenn er sein Amt tatsächlich aufgebe.
Noch Mitte Dezember hatte man aus dem Adenauer-Haus eindeutigere Töne vernommen. Damals hieß es intern: "Biedenkopf müsste noch die Kraft aufbringen zu sagen: Milbradt wäre ein guter Ministerpräsident." Wenigstens die andauernden Gerüchte, Merkel könne Biedenkopf in Sachsen beerben, wurden zurückgewiesen. Auf SZ-Nachfrage hieß es knapp: "Eine völlig absurde Diskussion."
Gesprächiger waren die Spitzengenossen von SPD und PDS. "Die schönen Jahre für die CDU in Sachsen gehen zu Ende", sagte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering der SZ: "Biedenkopfs Zeit ist vorbei. Und die CDU schrumpft wie überall in Deutschland wieder auf normal."
"Obwohl Kurt Biedenkopf durchaus Verdienste um Sachsen und die Belange der ostdeutschen Länder hat, ist sein Abgang letztlich folgerichtig", sagte PDS-Chefin Gabi Zimmer unserer Zeitung. Die seiner Selbstgewissheit geschuldete Serie von Pleiten, Pech und Pannen habe nicht nur ihm, sondern dem Land geschadet. Sachsen brauche schnellstens einen politischen Neuanfang, der in der Hand des Landtags liege, sagte Zimmer: "Die PDS ist dafür ebenso gewappnet wie dafür, spätestens 2004 die CDU in der Regierung abzulösen."
(Peter Heimann)