Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 17.01.2002

Auch Sachsens „First Lady" Ingrid steht in der Kritik

70-Jährige von Affären ihres Mannes nicht unberührt
 
DRESDEN. Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) will heute den Zeitplan für seinen angekündigten Rücktritt erläutern. Der 71-Jährige steht seit mehreren Monaten wegen einer Reihe von Affären unter politischem Druck. Seine Gattin ist davon nicht unberührt.

Ingrid Biedenkopf agiert nicht gern im Hintergrund. Als Landesmutter in Sachsen engagiert sich die Ehefrau von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) nicht nur für soziale Belange, sie präsentiert sich auch gern öffentlichkeitswirksam als erste Frau im Freistaat. Kritische Zungen behaupten, ihre Anteilnahme an der politischen Arbeit ihres Mannes ginge weit über das übliche Maß hinaus. Im Zusammenhang mit zahlreichen Vorwürfen gegen Kurt Biedenkopf kam auch sie in den vergangenen Monaten immer wieder ins Gerede.

Soziales Engagement unbestritten

Seit mehr als elf Jahren steht Ingrid Biedenkopf in Sachsen an der Seite ihres Mannes und geriert sich als - nicht unumstrittene - First Lady. Unbestritten ist ihr soziales Engagement. In den vergangenen Jahren bearbeitete sie zudem von ihrem eigenen Büro aus 30 000 Eingaben. Doch von manchen der Affären, mit denen der Regierungschef 2001 konfrontiert wurde, blieb auch seine Frau nicht ganz unberührt. In Dresden kursiert gar der wenig schmeichelhafte Satz: „Wenn Biedenkopf stürzt, dann über seine Frau.“

Die Liste der Vorwürfe ist lang: In der so genannten Mietaffäre wurde den Biedenkopfs vorgeworfen, jahrelang zu wenig Miete für die Dienstwohnung bezahlt und Landespersonal privat genutzt zu haben. Ingrid Biedenkopf soll auch Dienstfahrzeuge privat in Anspruch genommen haben. Im Zusammenhang mit der so genannten Paunsdorf-Affäre wurde zudem der Verdacht laut, die Ministerpräsidenten-Gattin sei Gesellschafterin des durch das Land angemieteten Bürokomplexes Paunsdorf bei Leipzig, was beide vehement bestreiten.

Anzeige wegen Beleidigung

Einen ehemaligen Behördenleiter bedachte Ingrid Biedenkopf wegen der Anschuldigungen in einer Fernsehsendung mit den Worten „Der Mensch ist ja krank", was ihr eine Anzeige wegen Beleidigung einbrachte. Ein Untersuchungsausschuss versucht derzeit zu klären, ob Kurt Biedenkopf zum Nachteil des Landes Einfluss auf die Vermarktung des Bürokomplexes genommen hat, den ein befreundeter Investor errichtete. Für Schlagzeilen sorgte ein umstrittener Rabatt-Einkauf beim Möbelhaus Ikea, wo das Ehepaar - offenbar auf nachdrückliches Betreiben von Ingrid Biedenkopf unübliche 15 Prozent Nachlass herausschlug. Ingrid Biedenkopf, der für ihren Mann „nichts teuer genug" ist, ist sich keiner Schuld bewusst. Immer wieder verweist sie darauf, dass sie in den vergangenen Jahren sieben Millionen Mark für soziale Zwecke gesammelt und „Hunderten von Familien" geholfen habe.

Biedenkopf reagiert auf Angriffe gegen seine Frau höchst sensibel und wirft Kritikern schon mal „Rufmord" vor. Er ist seit 1979 in zweiter Ehe mit seiner Jugendfreundin Ingrid verheiratet, die zwei Kinder aus einer früheren Ehe hat. In einer Art Wohnkommune lebten sie im Gästehaus der Landesregierung jahrelang mit etlichen Ministern unter einem Dach. Wenn ihr Mann sein Amt aufgibt, wird Ingrid Biedenkopf wohl mit ihm Sachsen den Rücken kehren. In einem Interview wurde sie bereits Ende vergangenen Jahres deutlicher. „Wenn wir die Tür hinter uns zumachen, haben wir einbezauberndes Heim. Und dann können uns alle mal kreuzweise."
(Andrea Hentschel)

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