Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 01.02.2002

Annäherung im Streit um Biedenkopf-Nachfolge

CDU-Vorstand und Fraktion beschließen getrennte Meinungsbildung
 
Landesvorstand und Landtagsfraktion der sächsischen CDU haben sich auf ein zweistufiges Verfahren zur Wahl eines Nachfolgers von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf geeinigt. Es werde in beiden Gremien eine Meinungsbildung geben, sagte Fraktionschef Fritz Hähle gestern nach einer gemeinsamen Sitzung beider Vorstände.

Danach soll die Debatte über den Nachfolger in der Partei bis zum 9.März, dem Termin des Sonderparteitages, abgeschlossen werden. Im Anschluss wolle sich die Fraktion auf einen Kandidaten verständigen, sagte Hähle, wobei die Entscheidung der Partei "ein ganz starkes Votum " sein werde. Einziger Bewerber ist bislang der Parteivorsitzende Georg Milbradt. Eine ausreichende Mehrheit für Milbradt gilt gegenwärtig dennoch nicht als gesichert. Hähle steht einer Wahl Milbradts zum neuen Ministerpräsidenten Sachsens offensichtlich noch immer distanziert gegenüber. Er wolle seine Entscheidung zu Milbradt erst am Ende dieses Meinungsbildungsprozesses fällen, sagte Hähle. Doch die Position Hähles war schwierig geworden, nachdem sich kein Gegenkandidat zu Milbradt fand. Zuletzt hatte in der vergangenen Woche Finanzminister Thomas de Maizière abgewunken.

Mit einem theoretisch immer noch möglichen Gegenkandidaten zu Milbradt rechnet jetzt offensichtlich auch Hähle nicht mehr. Nun ist Milbradt dem Fraktionschef entgegengekommen, was dem eine Rückzugsmöglichkeit ohne Gesichtsverlust eröffnet. Bislang hatte Milbradt immer auf das Votum der Partei gepocht, wohl wissend, dass die Partei ihrem Vorsitzenden kaum die Gefolg-schaft verweigern kann. Nun wurde klargestellt, dass es nicht die Partei, sondern die Fraktion ist, die das entscheidende Wort spricht. "Es gebe keine Drohkulisse " , heißt es. Milbradt soll seine politischen Vorstellungen vor der Fraktion darlegen.

Hähle zufolge solle über Ziele und Inhalte sächsischer Politik gesprochen werden. Dabei sollen offensichtlich jene Fraktionäre angesprochen werden, "die nicht mit dem Herzen dabei sind " , wie Hähle formuliert, dann aber eben mit dem Verstand dabei sein müssten. In den Bereichen Schulpolitik und Soziales mutmaßt Milbradt Differen-zen, auch wenn es dort keine großen Meinungsunterschiede gebe. Möglicherweise wird es vor der Wahl des neuen Ministerpräsidenten am 18.April im Landtag eine Probeabstimmung in der CDU-Fraktion geben. Man werde sich vergewissern müssen, wie weit die Meinungsbildung fortgeschritten sei, sagte Hähle. Für den 20.März wurde ein weiteres Gespräch zwischen Landes- und Fraktionsvorstand vereinbart.

(Von Ralf Hübner)

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