DNN/LVZ, 16.02.2002
"Das war kein Meisterstück für die sächsische Union"
DNN-Gespräch mit Wirtschaftsminister Kajo Schommer über seinen Rückzug und die Konsequenzen der Nachfolgedebatte
DRESDEN. Wirtschaftsminister Kajo Schommer hat manches in Sachsen ausgefochten, den Bau der A17, die Ladenschlussdebatte. Mit dem Rücktritt von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) nimmt aber nun auch Schommer seinen Hut. DNN sprach mit dem CDU-Politiker über die Hintergründe seiner Entscheidung.
DNN: Warum geben Sie auf?
Kajo Schommer: Ich bin mit Kurt Biedenkopf nach Sachsen gekommen, um hier etwas aufzubauen, damit die Sachsen wieder an alte Traditionen anknüpfen können, als sie kulturell, politisch und wirtschaftlich führend waren. Das hat mir sehr große Freude gemacht. Nun beende ich meine Arbeit auch mit Biedenkopf. Für mich ist ein Abschnitt abgeschlossen.
Wollen Sie nicht unter einem möglichen Ministerpräsidenten Georg Milbradt arbeiten?
Dass mir diese ganze Debatte nicht gefällt, habe ich gelegentlich schon gesagt. Ich bleibe dabei: Die Forderung, wir brauchen ganz schnell einen Nachfolger, ist nicht die Forderung, die die Wirklichkeit an uns erhebt. Die Menschen in Sachsen wollen nicht über Personen diskutieren. Sie wollen, dass die Regierung mit der Mehrheitsfraktion zusammen das Land führt. Deshalb ist auch immer Kurt Biedenkopf gewählt worden als Inbegriff einer solchen Politik. Nun glaubte man hier, wir müssen das jetzt einmal anders machen. Arnold Vaatz hat schon 2000 unsinnigerweise die Nachfolgedebatte angeschoben. Ich mache das nicht mit. Deshalb gehe ich. Unter Georg Milbradt zu arbeiten, stand für mich nie zur Diskussion. Ich habe elf Jahre mit ihm gearbeitet. Das war möglich, weil Kurt Biedenkopf mit seiner Richtlinienkompetenz im Kabinett für Ausgewogenheit gesorgt hat. Es hat für mich keinen Grund gegeben, den Übergang zu thematisieren. Das war keine Frage, die das Wohlergehen dieses Landes berührte. Das war ein Machtkampf. Ich kann dem Freistaat nur wünschen, dass er sich weiter gut entwickelt.
Wie hat sich diese Diskussion auf die politische Führungsposition der CDU im Freistaat ausgewirkt?
Das muss man gar nicht erst fragen. Der Schaden ist da. Das muss ich gar nicht weiter kommentieren. Jeder, der nicht nur mit Funktionären spricht, wird nur Kopfschütteln ernten, in Sachsen und außerhalb. Das war kein Meisterstück für die sächsische Union. Diese Art der Nachfolgeregelung war nicht im Interesse des Freistaats Sachsen, weltweit schüttelt man nur den Kopf.
Wie bewerten Sie die Affären, mit denen die Debatte betrieben wurde?
Diese so genannten Affären hatten nur das Ziel, den Wechsel voranzutreiben. Vielen wurde da nur eine Plattform geboten. Das hat Kurt Biedenkopf und der Freistaat nicht verdient. Das gehört aber wohl zur Politik westdeutscher Prägung. Das ist nicht sächsisch, auch wenn gelernte Sachsen da mit gemacht haben.
Ist die Opposition dadurch gestärkt worden?
Milbradt ist von seiner Art, seiner Art zu argumentieren ein dankbarer Gegner für die Opposition. Ich schätze ihn in vielen Dingen, aber er macht mir auch Sorgen. Und ich bin mir nicht sicher, wenn er denn am 18. April zur Wahl steht, wieviel PDS-Mitglieder für ihn stimmen werden, damit sie ihn bekommen. Dann können sie die ganze Debatte weiterführen, weil Milbradt immer dazu gehörte. Für das Land wird es nicht gut sein. Aber das soll die Fraktion nun ausdiskutieren, die haben es zu entscheiden. So wie es gelaufen ist, werden viele Wähler die Union nicht mehr wählen, weil sie die Debatte nicht verstanden haben. So wie es jetzt kommt, stärkt es eine Tendenz. Es führt zu Rot-Rot, da genügen ein paar Prozentpunkte.
Was würden Sie ihrem Nachfolger raten?
Jeder wird seinen Weg finden müssen. Er muss mit heißem Herzen Wirtschaft und Arbeit verbinden. Dieses Haus muss er wie einen wertvollen Diamanten pflegen. Das ist ein Schatz, in dem Kompetenzen auf eine flache Hierarchie verteilt sind. Und er muss weltweit bei Investoren Vertrauen aufbauen, sonst kommen sie nicht. Die Entscheidungen werden immer von Menschen getroffen. Zuschüsse sind nicht das allein selig Machende.
Interview: Ingolf Pleil