Freie Presse Chemnitz, 23.02.2002
Hat Milbradt von Barths Steuertricks gewusst?
PDS will Aussage vor der Wahl - Ingrid Biedenkopf nicht vor Paunsdorf-Ausschuss
Dresden. Paunsdorf und noch kein Ende? - „Der Ausschuss ist tot“, behauptet die CDU. „Wir haben die Ernte weitgehend eingefahren“, assistert die PDS und meint damit nur Kurt Biedenkopf. Jetzt soll dessen designierter Nachfolger Georg Milbradt unangenehme Fragen der Opposition beantworten und das noch vor der Wahl am 18. April.
Ein stattlicher zweistelliger Millionenbetrag könnte dem Fiskus durch trickreiche interne Geschäfte der Paunsdorf-Investoren Heinz Barth und Heinz-Hermann Göttsch vorenthalten worden sein, vermutet PDS-Obmann Andre Hahn. Er will herausfinden, ob das mit Wissen und Duldung des damaligen Finanzministers erfolgte. Für einen Quadratmeterpreis von 130 Mark hatte Barths Firma FTG das Paunsdorf-Gelände in Leipzig erworben. Noch bevor die Landesbehörden gebaut wurden, verkaufte die FTG das Grundstück an die Barth-Göttsch GbR weiter - jetzt für 400 Mark pro Quadratmeter. Sowohl bei der FTG wie bei der Barth-Götsch GbR soll der Kaufpreis steuerlich als Anschaffungskosten geltend gemacht worden sein. „Für ein Grundstück wären dann also zweimal Steuervorteile in Anspruch genommen worden und im zweiten Fall zu völlig überzogenen Preisen“.
Zudem vermutet Hahn, dass die FTG zu Unrecht Vorsteuer zum Abzug gebracht hat.
Im Finanzamt habe die Zuständigkeit gewechselt, und eine Betriebsprüfung die brisanten Fragen der Umsatzsteuer ausgeklammert. Für die PDS sei die Klärung dieser Vorwürfe der letzte Schritt vor dem Abschluss der Paunsdorf-Akte. „Deswegen werden wir am Montag beantragen, Milbradt alsbald zu vernehmen.“ Weitgehend erloschen ist das Interesse der PDS an einer Vernehmung Ingrid Biedenkopfs. Sie lieferte am Freitag die erwünschte eidesstattliche Versicherung, an keiner Barth-Gesellschaft beteiligt gewesen zu sein. Den Verzicht auf eine persönliche Aussage will Hahn auch als menschliche Geste gewertet wissen. Ingrid Biedenkopf muss sich einem mehrwöchigen Krankenhaus-Aufenthalt unterziehen.
Bestehen will die PDS auf der Befragung von Göttsch. Der Unternehmer hat sich bisher erfolgreich vor dem Zeugenstand gedrückt. Doch seine Akten, die das verdächtige Material enthielten, stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der geplanten Attacke auf Milbradt.
Von Hubert Kemper