Lausitzer Rundschau, 30.06.2001
Bei Biedenkopfs rollen bald Möbelwagen
Auszug aus Gästehaus soll am 31. Juli sein
DRESDEN. Das Gästehaus der sächsischen Staatsregierung in der Dresdner Schevenstraße, der bisherige Wohnsitz von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und seiner Ehefrau Ingrid, wird aufgegeben. Einer Mitteilung des Finanzministeriums zufolge ist der Mietvertrag mit der Treuhand Liegenschaftsgesellschaft (TLG), der seit 1991 bestand, zum Jahresende gekündigt worden.von Ralf hübner Als Grund werden Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen genannt. Der Streit um die Mietverhältnisse von Kurt Biedenkopf sowie die unentgeltliche Nutzung von Personal hatte wochenlang die landespolitische Debatte in Sachsen dominiert.
Das Ende des Gästehauses war absehbar, spätestens seitdem bekannt wurde, dass der Ministerpräsident in eine Villa in Radebeul umziehen will, von der ewigen Debatte um seine Mietzahlungen im Regierungsgästehaus genervt. Dabei hatte Finanzminister Thomas de Maizière (CDU) extra einen neuen Mietvertrag ausarbeiten lassen, der von Biedenkopf Ende Mai akzeptiert wurde. Doch nur eine Woche später war dieser mühevoll ausgearbeitete neue Vertragstext reif für den Papierkorb. Da nämlich gab der Ministerpräsident seine Umzugsabsichten bekannt. Bislang unbestätigt ist der Umzugstermin. Dem Vernehmen nach sollen am 31. Juli bei den Biedenkopfs die Möbelwagen rollen.
Das Regierungsgästehaus war Anfang der 90er Jahre als so genannte "Minister-WG" bekannt geworden, als dort wegen der Wohnungsknappheit in Dresden das halbe sächsische Kabinett untergebracht war. Die meisten Minister und Staatssekretäre zogen später aus, die Biedenkopfs blieben. Den Ministerpräsidenten hätten seine günstigen Mietkondiditionen um ein Haar das Amt gekostet. Der Rechnungshof geht von Mietschulden in Höhe von rund 300 000 Mark aus. Das Finanzminsterium hingegen errechnete knapp 123 000 Mark, die Biedenkopf Anfang Juni auf ein Verwahrkonto zahlte. Dieser vergleichsweise moderate Betrag war selbst in der CDU-Landtagsfraktion auf Verwunderung gestoßen. Pikanterweise war es ausgerechnet der von Biedenkopf entlassene ehemalige Finanzminister Georg Milbradt (CDU), der die Fraktion wieder auf Linie brachte. Wohl vor allem ihm ist es zu verdanken, dass der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages mit CDU-Mehrheit die Rechnung des Finanzministers billigte und Biedenkopf damit aus einer peinlichen Situation erlöste.
Die Landtagsopposition reagiert auf die Kündigung des Mietvertrages für das Gästehaus mit Genugtuung. Die PDS habe schon immer gesagt, dass jenes Regierungsgästehaus unwirtschaftlich sei, sagt PDS-Fraktionschef Peter Porsch. Es sei doch ein "völlig unnormaler Zustand", schon wegen der "negativen Symbolkraft", wenn der Ministerpräsident eines Landes über zehn Jahre in einem Gästehaus logiere.
Für den SPD-Landtagsabgeordneten
Karl Nolle, der die Mietaffäre um Biedenkopf ins Rollen brachte, ist die Sache damit noch nicht ausgestanden. Er habe noch eine Reihe "schöner Anfragen" in Vorbereitung, sagte Nolle, den noch immer wurmt, dass er sich wegen der Mietaffäre als Verleumder beschimpfen lassen musste.
Nach dem Ministerpräsidenten müssen nun auch die anderen übrig gebliebenen Bewohner das Gästehaus in bester Wohnlage verlassen. Von Justizminister Manfred Kolbe (CDU) heißt es, dass er schon seit Anfang Juni nicht mehr dort übernachtet habe. Er will sich nach seinem Urlaub ein Zimmer in Dresden suchen. Ebenso Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Zeller, der im Regierungsgästehaus mit einem Mietpreis von rund 20 Mark je Quadratmeter nicht annähernd so günstig gewohnt hat, wie sein Ministerpräsident.
Offen ist noch die Frage, wo nun das Büro von Ingrid Biedenkopfs untergebracht werden soll. Die Vermögens- und Hochbauverwaltung sei aufgefordert worden, bis Jahresende, eine andere Unterbringung sicherzustellen, heißt es.
(LR)