Die Welt, 28.05.2001
Biedenkopf ist zu Nachzahlungen wegen Mietaffäre bereit
DRESDEN. Im Zusammenhang mit der so genannten Mietaffäre will Sachsens Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) offenbar den Forderungen des Landesrechnungshofes nachkommen und für die private Beschäftigung von Landespersonal nachzahlen. Nach Informationen der "Bild am Sonntag" ("BamS") will der CDU-Politiker auch Mietnachforderungen für seine Dienstwohnung im Gästehaus der Landesregierung begleichen. Das Blatt zitiert Sachsens Regierungssprecher Michael Sagurna mit den Worten: "Der Ministerpräsident wird Geld an die Landeskasse zahlen." Die genaue Höhe der Summe werde von Beamten der Staatskanzlei und des Finanzministeriums bis Ende nächster Woche ausgerechnet. Die vom Landesrechnungshof geschätzten Nachforderungen von 400 000 bis zu einer Million Mark nannte Sagurna allerdings "völlig absurd".
Der Sächsische Rechnungshof hatte in einem Prüfbericht die Haushaltsführung und die Mietverhältnisse in Biedenkopfs Dresdener Dienstvilla heftig gerügt. Moniert wurde vor allem der Einsatz von Landespersonal zu privaten Zwecken. Für die private Inanspruchnahme der Mitarbeiter entfallen nach Schätzung der Rechnungsprüfer auf den Regierungschef jährlich 80 000 bis 100 000 Mark; mindestens ab 1997 müssten Nachforderungen geprüft werden. Dabei müsse eine Billigkeitsregelung gefunden werden, die berücksichtige, dass die Staatskanzlei als zuständige Verwaltung des Gästehauses in der Vergangenheit gegenüber Biedenkopf keine diesbezüglichen Forderungen erhoben hatte. Zudem hält die Behörde den derzeitigen Mietpreis von 8,15 Mark pro Quadratmeter für die Dienstwohnung des Regierungschefs für zu gering; angemessen sei ein Quadratmeterpreis von 13 Mark. Laut "BamS" müssen auch andere Bewohner des Gästehauses, darunter Ex-Innenminister Heinz Eggert, Ex-Finanzminister Georg Milbradt (beide CDU) und ein halbes Dutzend Staatssekretäre mit Nachzahlungen an die Staatskasse rechnen.
Der sächsische SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle hat im Zusammenhang mit der Mietaffäre Neuwahlen und ein rot-rotes Bündnis im Freistaat nicht ausgeschlossen. Er könne sich bei einem günstigen Wahlergebnis eine Zusammenarbeit mit allen demokratischen Parteien vorstellen, auch mit der PDS, sagte er dem Berliner Radiosender Faz 93.6.
(afp)