Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 31.03.2001

Milde Gaben für den Staat: Nicht ohne Eigennutz

Millionen von privaten Geldgebern für Sachsens Kassen
 
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein - und der Staat lebt nicht nur von Steuergeldern. Im Jahr 2000 flossen mehrere Millionen Mark an Geld- und Sachspenden in die öffentlichen Kassen.

Man kennt es aus dem Fernsehen, vom Fußballplatz oder Dorffest: Ohne Sponsoring läuft heute so gut wie nichts mehr. Weniger bekannt dürfte dagegen die Tatsache sein, dass auch der Staat von den Zuwendungen von privaten Firmen und Personen profitiert - und das in beträchtlichem Ausmaß: Allein im vergangenen Jahr nahm der Freistaat Sachsen mindestens vier Millionen Mark an Spenden ein.

Das geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle hervor, die der SZ vorliegt. Tatsächlich dürfte die Summe noch um einiges höher sein. Allerdings lässt sich der Gesamtbetrag nicht errechnen, weil das Wissenschaftsministerium im Gegensatz zu den anderen Ressorts keine detaillierte Aufzählung lieferte. Außerdem fehlt bei einer Reihe von Sachspenden der finanzielle Wert.

Einzelspenden von 6,73 bis 600 000 Mark

So viel ist jedoch klar: Die größte Einzelspende kam vom Freundeskreis der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig. Der Verein überwies 600 000 Mark für den Wiederaufbau des Konzert- und Theatersaals der Hochschule. Auch wenn solche Beträge die absolute Ausnahme darstellen, weisen sie doch den Trend: Hochschulen und Museen sind mit Abstand die größten Nutznießer des Sponsorings.

Erst mit großem Abstand folgt das Sozialministerium, das insgesamt rund 400 000 Mark vereinnahmte. Davon kamen allein 89 500 Mark vom Verband Deutscher Mineralbrunnen für eine klinische Heilwasser-Studie des Forschungsinstituts in Bad Elster. Dass diese Spende nicht ganz uneigennützig war, liegt auf der Hand: Im Gegenzug wurden dem Verband die Ergebnisse der Studie übermittelt. Die Firma Intel machte 30 Notebooks für das Kultusministerium locker, dafür beteiligte sich Sachsen am weltweiten Intel-Programm "Lehren für die Zukunft". Trotz solcher Verknüpfungen weist Finanzminister Thomas de MaiziSre (CDU) den Verdacht, die Spenden könnten eine Art Bestechung sein, weit von sich: "Insbesondere haben private Zuwendungen in der Form des Sponsorings keine Auswirkung auf die politische Willensbildung und das Regierungshandeln." Der Bundesrechnungshof hat dazu eine andere Meinung (siehe unten!).

Häufig bedankte sich der Freistaat für die milden Gaben, indem er die Namen der Spender in Broschüren oder auf Produkten verewigte. So hängt an jedem Plüsch-Poldi, der junge Opfer von Straftaten trösten soll, ein Etikett mit dem Hinweis, dass es sich um eine Gemeinschaftsaktion von Polizei und Weißem Ring e. V. handelt - der Mainzer Verein spendete 30 000 Mark.

Bar jeglichen Verdachts dürften indes jene Tausende von Mark sein, die Bürger in die "Spendenwürfel" der Museen steckten. Der kleinste Betrag war übrigens 6,73 Mark. Aber auch Kleinvieh macht bekanntlich Mist.
(Von Steffen Klameth)

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DER SPIEGEL 6/2001
Rechnungshof kritisiert Sponsoring bei öffentlichen Aufgaben

Der Bundesrechnungshof hat schwere Mängel und Risiken bei der Finanzierung öf-fentlicher Aufgaben durch private Zuwendungen wie Sponsoring und Spenden festge-stellt. In einem Prüfbericht für die Bundesministerien des Innern und der Finanzen spricht die Behörde von 80 Millionen Mark Privatgeldern, die 1998 und 1999 nur zu knapp 30 Prozent im Haushalt auftauchen. Die Dunkelziffer der zugeflossenen Mittel sei nicht mehr zu ermitteln. Wie das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL meldet, geht der Prüfbericht davon aus, dass es sich um ein "deutlich größeres Volumen" handelt. Der Rechnungshof befürchtet, dass die Behörden ihre Objektivitäts- und Neutralitätspflicht gefährden, da die Sponsoren mit der Gewährung von Vorteilen rechnen können: Nur in 37 Prozent der Fälle gab es keine Gegenleistungen.

Hauptsächlich wurden die oberen und obersten Bundesbehörden von privaten Spon-soren bedacht, heißt es in dem 43-Seiten-Bericht. Durch die Vielzahl der Sponsoren der Sommerfeste könnte sogar "das Ansehen des Bundespräsidenten" Johannes Rau beschädigt werden. Jeder Anschein einer unzulässigen Einflussnahme sei zu vermeiden. "Besonders kritisch im Hinblick auf Privatfinanzierungen sind alle Verwaltungen zu betrachten, die hoheitlich tätig sind", rügen die Prüfer. Das gelte besonders für Bundesgrenzschutz, Zoll, Justiz und Genehmigungsbehörden. Der Bundesrechnungshof schlägt "den grundsätzlichen Verzicht auf solche Finanzierungsformen" vor.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: