Berliner Zeitung, 03.05.2001
Kurt Biedenkopf und sein wahrer Fehler
Politiker sind schon häufig über Nichtigkeiten gestolpert. Zu welchen Konditionen die Mächtigen wohnen, reisen oder sich bedienen lassen, erregt viele Bürger mehr als politische Fehlleistungen. Zumal dann, wenn Verdacht besteht, die Amtsinhaber ließen es sich auf Kosten der Steuerzahler allzu gut gehen. Dann wird der öffentliche Druck so groß, dass am Ende die Demission steht.
Dass auch Kurt Biedenkopfs Karriere auf diese Weise endet, ist allerdings kaum zu erwarten. Der von der Staatskanzlei vorgelegte Prüfbericht gibt für die Widersacher des sächsischen Ministerpräsidenten wenig her. Sicher, er hätte sich viel Ärger erspart, wenn er früher und sensibler auf Hinweise reagiert hätte. Auch werden ja tatsächlich Versäumnisse eingeräumt. Aber strafbares Handeln wird sich kaum nachweisen lassen.
Das werden vielleicht auch noch jene Kritiker einsehen, die mit ihren kleinlichen, auf die Erregung von Neid zielenden Vorhaltungen vom Kern des Problems "König Kurt" ablenken. Das besteht darin, dass ein selbstherrlicher und altersstarrer Regent, dem das Gespür für die Stimmung im Freistaat abhanden gekommen ist, eine vernünftige und rechtzeitige Nachfolgeregelung blockiert. Je länger Biedenkopf sich weigert, sein Haus zu bestellen, desto aussichtsloser wird es für die CDU, ihre absolute Mehrheit im Lande zu behaupten. Der Mann, der sich um Sachsen unzweifelhafte Verdienste erworben hat, muss sich vielleicht einmal vorwerfen lassen, einer rot-roten Landesregierung den Weg geebnet zu haben. Biedenkopfs Tragik besteht darin, dass er dafür offenbar blind ist.
(von Peter Pragal)