Karl Nolle, MdL

DNN, 12.05.2001

OB-Wahl 2001: "Ich stehe nicht zur Verfügung"

Wolfgang Berghofer macht PDS für seine OB-Kandidatur-Absage verantwortlich
 
DRESDEN. Um 12.17 Uhr ist gestern Mittag die virtuelle Kandidatengeschichte des Wolfgang B. nach über einem Jahr zu Ende gegangen. "Ich stehe nicht zur Verfügung", sagte der letzte Oberbürgermeister mit SED-Parteibuch auf der Dach-Etage des World Trade Centers (WTC). Eine Wahlempfehlung für einen anderen Bewerber gab er nicht - weder für Ingolf Roßberg (FDP) noch für seinen Nachfolger Herbert Wagner (CDU), der eine Stunde zuvor seine Kampagne vorstellte. Auch die PDS-Spitze um Parteichef Michael Schrader hatte am frühen Morgen ihr Wahlplakat - ohne Kandidat - präsentiert, den Wechsel im Rathaus propagiert und dabei noch auf Berghofer gesetzt.

Dessen Rolle als Phantomkandidat hatte begonnen, als er im Frühjahr 2000 als möglicher SPD-Bewerber ins Gespräch kam. Ihr Ende hoch über den Dächern von Dresden - wo heute Roßberg ebenfalls in der WTC-Dach-Etage Wirtschaftsvertreter von sich überzeugen will - zelebrierte der Ex-OB: Termin und Ort gingen erst kurz zuvor raus, Bodyguards, zum Teil aus Leipzig herangeholt, standen an Tür und Aufzug Wache.

Im gediegenen dunkelblauen Dreiteiler, die Sonne im Rücken, machte Berghofer die PDS für seine Absage verantwortlich. Hätte die nicht am 28. April beschlossen, ihn zu unterstützen, wäre er nach eigener Darstellung angetreten. Alles soll vorbereitet gewesen sein: Finanzplan, Wahlkampfteam, Werbestrategie, alles aus seiner Kasse bezahlt. Er habe von Anfang an deutlich gesagt, weder für eine Partei noch für eine Parteiengruppe anzutreten. Kandidat der PDS zu sein "entspricht absolut nicht meinem Interesse und meinen politischen Grundsätzen".

Selbst mit der PDS im Rücken will Berghofer noch Chancen für einen knappen Wahlsieg gesehen haben, nicht aber für eine Mehrheit im bürgerlich dominierten Stadtrat. "Ich hätte de facto die Wahl gewonnen, wäre aber trotzdem der Verlierer." Dass er unter diesen Umständen nicht antreten würde, will er der Partei mehrfach klar gesagt haben.

"Kindisch" nannte PDS-Chef Schrader die Absage-Begründung. "Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir uns darauf nicht einlassen", sagter er den DNN. Es könne nicht sein, dass die PDS jemanden zur Kandidatur bringt, indem sie ihm zusichert, ihn nicht zu unterstützen. "Wenn Berghofer damit nicht umgehen kann, hat er in der Politik nichts zu suchen." Schrader spricht sich nun für Roßberg aus, den Kandidaten der Bürgerinitiative "OB für Dresden". Eine Wahlempfehlung soll es nach einer Sondersitzung des PDS-Stadtvorstands am 21. Mai geben.

Bevor Berghofer am Mittag sein Schweigen brach, äußerte sich ein anderer, der ebenfalls Monate lang nichts zur OB-Wahl sagen wollte. Im Hilton, sonst Berghofers Stammabsteige, stellte ein angespannt wirkender Amtsinhaber Herbert Wagner (CDU) seine Wahlplakate vor, präsentierte seinen Slogan "Erfolgreich und ehrlich" und verlas ein Zehn-Punkte-Programm, im Internet unter "wagner2001.de" zu finden.

Den zentralen Punkt hatte er bereits beim CDU-Parteitag im vergangenen Jahr formuliert: Dresden soll auch wirtschaftlich wieder unter die führenden zehn deutschen Städte. Andere Themen sind die Förderung von Kunst und Kultur mit einem "akustisch perfekten Saal für die Philharmonie", Hochtechnologie, Sanierung von Straßen und Schulen, Aufbau der Innenstadt mit einem möglichst historischen Neumarkt und im Sport die Zusage, "an den Voraussetzungen für ein Fifa-normgerechtes Fußballstadion" zu arbeiten.

Zur Schulsanierung sagte Wagner, er habe das Thema schon vor zwei Jahren aufgegriffen, früher als an-dere Parteien. Der OB sah sich nicht dadurch widerlegt, dass in diesem Jahr die Sanierungsgelder geringer geworden sind. "Es geht immer nur im Rahmen des Haushalts", sagte er.

Im Wahlkampf fällt es offenbar der Jungen Union (JU) zu, seinen Herausforderer direkt zu attackieren. "Wir haben Informationen über Ingolf Roßberg gesammelt", sagte JU-Vizechef Christian Piwarz. Über das von der PDS bis zur FDP reichende Roßberg-Lager sagte CDU-Chef Dieter Reinfried: "Wenn das einzige einende Band dabei die Abwahl von Herbert Wagner ist, dann ist das so substanzlos, dass wir guter Hoffnung sind."
(Stefan Alberti)

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