Karl Nolle, MdL

DNN, 15.05.2001

Vier Kandidaten für OB-Wahl am 10. Juni

Bewerbungsfrist ist vorbei - Beier schaffte in den letzten Stunden Sprung auf Stimmzettel
 
DRESDEN. Hippige Musik am Rathaus, zwei Dutzend junge Leute und in der Mitte eine Frau im wallenden Gewand. Friederike Beier ist das Lächeln schier ins Gesicht gewachsen. Wenn sie keinen Spaß an einer Sache habe, dann sei das auch nichts für sie, sagt sie von sich. An ihrer Oberbürgermeisterkandidatur hat sie Spaß, obwohl es damit seit gestern Ernst ist. Knapp fünf Stunden vor Ablauf der Bewerbungsfrist für die OB-Wahl am 10. Juni waren gestern die 240 Unterstützerunterschriften zusammen, die sie, die 57-jährige Ärztin, auf den Stimmzettel bringen.

Dort wird sie neben drei anderen stehen: Herbert Wagner (CDU), Ingolf Roßberg (Bürgerinitiative "OB für Dresden") und Roland Galle (Bürgerrechtsbewegung Solidarität, kurz Büso). Vorbei ist die Kandidatur für den 23-jährigen Kornel Szecsenyi, der für eine Bürgerinitiative aus der Neustadt antreten wollte, aber statt der erforderlichen 240 nur 110 Unterschriften bekam. Einzige verbleibende Hürde für die vier ist der Wahlausschuss, der heute, 15 Uhr öffentlich im Festsaal des Rathauses tagt und die Bewerbungen prüft.

Die als eher CDU-nah eingestufte Wählervereinigung Freie Bürger hatte sich am Wochenende entschieden, keinen Kandidaten aufzustellen, aber derzeit auch keine Wahlempfehlung für einen anderen Kandidaten abzugeben. Freie-Bürger-Chef Franz-Josef Fischer, Stadtrat in der FDP/DSU-Fraktion, konnte sich nicht mit seinem Wunsch durchsetzen, OB Wagner zu unterstützen.

Der Kreis um Friederike Beier war sich Mitte vergangener Woche nicht sicher, ob sie nicht das gleiche Schicksal wie Szecsenyi erleiden würde. Über 100 Unterschriften fehlten noch, die Zahl schien zwei Wochen nach dem Start ihrer Kandidatur zu stagnieren. Eine Party vor dem Rathaus sollte gestern auf den letzten Drücker weiter helfen. "Doch als wir um eins hierhin kamen, fehlten nur noch fünf Unterschriften, und seither feiern wir einfach", sagte Beier am Nachmittag am Rathaus, wo Szene-Discjockeys die Bässe wummern ließen. Unterstützung kam von Boat-Parade-Organisator Ralf Koppetzky alias Onkel Ralf, der T-Shirts bedrucken ließ und die ersten 1000 Beier-Plakate sponsern soll.

Unter ihren vorwiegend jungen Anhängern tanzte am Rathaus auch ein drahtiger Graukopf: Beiers Mann Martin. Der erzählt, dass er anfangs zwiespältige Gefühle zur Kandidatur seiner Frau hatte: Eingeschränktes Privatleben einerseits, andererseits die Gewissheit, dass seine Frau die Richtige für den OB-Job sei, weil sie einmalig gut vermitteln könne.

Am Vormittag hatte sich am gleichen Ort die PDS-Spitze für einen anderen Kandidaten die Klinke in die Hand gegeben und trug sich als Unterstützer für den längst qualifizierten Ingolf Roßberg ein. Stadtverbandschef Michael Schrader hatte sich schon am Freitag für ihn ausgesprochen. Ex-OB Wolfgang Berghofer, beim PDS-Parteitag in der Mitgliedergunst knapp vor Roßberg, hatte zuvor erklärt, nicht anzutreten.

In der jetzigen Konstellation ohne Berghofer liegt eine Entscheidung im ersten Wahlgang nahe, wo zum Sieg die absolute Mehrheit erforderlich ist. Sollten aber Wagner und Roßberg weiter so auf gleicher Höhe liegen wie in der jüngsten DNN-Wahlumfrage, könnten Beier und Büso-Mann Galle mit wenigen Prozenten einen zweiten Wahlgang erforderlich machen, wo die einfache Mehrheit reicht. Beier deutete an, dass sie dann eine Wahlempfehlung für den Kandidaten gibt, der ein Amt für Bürgerbeteiligung zusichert.
(Stefan Alberti)

Karl Nolle im Webseitentest
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