DNN, 19.05.2001
Von Woche zu Woche
Kommentar von Dirk Birgel
Dresden ist seit einer Woche im Wahlkampf - wirklich!? Naja. Zumindest an den Straßen kann man es deutlich ablesen. Überall Herbert Wagner, soweit das Auge schaut. Etwas gequält freundlich lächelnd vor blauem Hintergrund. Fototermine sind seine Sache eben nicht. „Erfolgreich und ehrlich" lautet seine Botschaft. Eine schlichte Aussage, eine mutige Entscheidung seines Wahlkampfteams um Walter Hannot. Man hat der Versuchung widerstanden, Wagner Glanz und Glamour zu verpassen, verkauft ihn als das, was er in der öffentlichen Wahrnehmung darstellt: ein solider, bescheidener Mann, der lieber im stillen Kämmerlein arbeitet als den Staats-mann spielt.
Im Vergleich zu Wagner kommt Herausforderer Ingolf Roßberg auf eine vergleichsweise bescheidene Präsenz im Stadtbild. Das zeigt vor allem eins: Wagners Helfer, allen voran die Junge Union, sind gut organisiert und hoch motiviert. Roßberg steht hingegen vor einem Dilemma. Seine Kandidatur unterstützen die SPD, die Bündnisgrünen, Teile der FDP und demnächst auch die PDS. Aber hat Roßberg auch wirklich ihre Unterstützung? Es sieht eher danach aus, als wolle die rechte Begeisterung der Linken für den eigenen Mann nicht aufkommen. Der kleinste und einzige gemeinsame Nenner dieses Viel-Parteien-Bündnisses ist der Wunsch, Wagner abzulösen. Mangels eigener Alternativen hat man sich notgedrungen auf den FDP-Mann Roßberg geeinigt.
Dieser Kraftakt war offenbar so groß, dass die Parteisoldaten jetzt Mühe haben, morgens aus dem Bett zu kommen und Plakate für ihren Kandidaten aufzuhängen. Roßberg ist nicht zu beneiden. Er ist für die meisten nur ein Notnagel, muss dennoch den Mega-Spagat zwischen FDP und PDS hinkriegen, ohne die SPD und die Grünen zu verprellen. Damit wären ganz andere überfordert.
Umso mehr muss man allerdings den Hut vor dem Wahl-Wuppertaler ziehen (oder den Kopf über ihn schütteln), der seinen Dezernentenjob im Bergischen Land aufs Spiel setzt, um in seiner Heimatstadt nach 1994 zum zweiten Mal nach der Amtskette zu greifen. Ob Roß-berg sein Ziel erreicht oder verfehlt, ist zum jetzigen Zeitpunkt indes noch völlig offen, auch wenn der Start wenig verheißungsvoll war. Es wird auch darauf ankommen, wie er sich im direkten Duell mit Wagner profilieren kann. Davon können Sie sich selbst ein Bild ma-chen, wenn Sie am kommenden Sonntag, 27. Mai, um 14 Uhr der Einladung von DNN und Dresden Fernsehen ins Hilton Hotel folgen.
Ein schönes Wochenende
Ihr Dirk Birgel
