Sächsische Zeitung, 12.06.2001
"Umdenken über PDS-Bündnisse"
FDP-Landesvorsitzender Holger Zastrow über Roßberg, seine Partei und die Wahl
DRESDEN. Die Kandidatur Ingolf Roßbergs (FDP) bei der OB-Wahl war in seiner Partei heftig umstritten. Am Sonntag holte er 47 Prozent der Stimmen und der FDP-Landesvorsitzende Holger Zastrow gratulierte. Die SZ sprach mit Zastrow über Roßberg und seine Partei.
SZ: Sie waren gegen Roßbergs Kandidatur.
Holger Zastrow: Weil sich die PDS am Wahlbündnis für ihn beteiligt. Die FDP hatte auf Bundesebene einen Grundsatz, keine Wahlbündnisse mit der PDS.
SZ: Hat sich da etwas geändert?
Holger Zastrow: Ich denke, in der Bundespartei hat da ein Umdenken eingesetzt. Man hat es gespürt an Cornelia Piepers Unterstützung für Roßberg, und auch Rexrodt verfolgt in Berlin gemeinsam mit PDS, SPD und Grünen das Ziel Neuwahl.
SZ: Es gab in der FDP Kritik an der Art, wie Roßbergs Kandidatur zustande kam.
Holger Zastrow: Das hat auch für Verwirrung gesorgt. Roßberg hat sich dafür bei mir und der Partei entschuldigt. Seitdem unterstützen wir ihn. Wir haben auf unseren Plakaten das Problem Biedenkopf thematisiert.
SZ: Wie konnte Roßberg in nur drei Monaten Wahlkampf so viele Stimmen gewinnen?
Holger Zastrow: Die Wechselstimmung in Dresden war stärker als ich dachte. Die hat sich über Jahre unterschwellig aufgebaut. Da war Roßberg die Alternative, er hat im Wahlkampf völlig unterschiedliche politische Strömungen hinter sich vereinigen können.
SZ: Hatten Sie mit diesem Ergebnis gerechnet?
Holger Zastrow: Wir waren alle überrascht. Ich dachte mir, es wird knapp, aber ich glaubte Wagner vorn.
SZ: Was bedeutet ein Erfolg Roßbergs bei der Neuwahl am 24. Juni für die Zukunft der FDP?
Holger Zastrow: Wenn er gewählt wird, bin ich sicher, dass die FDP wieder den Sprung in den Landtag schafft.
SZ: Die FDP stellt doch jetzt schon Bürgermeister und sitzt trotzdem nicht im Landtag.
Holger Zastrow: Ja, wir haben 26 Bürgermeister in Sachsen, mehr als SPD und PDS. In den kleineren Städten kennt jeder den Bürgermeister persönlich. In einer Großstadt ist wie Dresden ist alles anonymer, ähnlich wie bei einer Landtagswahl.
SZ: Wie geht es mit dem Wahlbündnis von FDP und Union im Stadtrat weiter?
Holger Zastrow: Das muss der Fraktionschef Jan Mücke entscheiden. Die Mehrheitsverhältnisse im Rathaus werden bis zur Kommunalwahl im Jahr 2004 so bleiben.
SZ: Haben Sie sich um ein Dezernat beworben?
Holger Zastrow: Nein, niemals. Das sind nur Gerüchte, an denen ist nichts dran.
Das Gespräch führte Markus Lesch