Sächsische Zeitung, 22.06.2001
Roßberg führt knapp
Aber entschieden ist der Kampf ums höchste Amt im Dresdner Rathaus noch nicht
DRESDEN. Schauen Sie auf die Grafik, die Ihnen - ein Novum - die Umfrageergebnisse dreier Dresdner Medien auf ein Mal zeigt. Ob fünfhundert oder tausend Wahlberechtigte befragt wurden, in entscheidenden Punkten stimmen die Resultate überein: Wolfgang Berghofer liegt überraschend klar und offensichtlich chancenlos zurück. Ingolf Roßberg, der Kandidat der Bürgerinitiative OB für Dresden, führt. Sein Vorsprung vor Amtsinhaber Herbert Wagner (CDU) ist jedoch knapp und in einer Umfrage kleiner als der in der ersten Wahlrunde erreichte. Und weil die Kandidaten auf und an den Straßen um jeden Wähler kämpfen, ihn mit Post und Anzeigen beglücken, kann sich am ermittelten Trend noch manches ändern. Zu bedenken ist weiterhin die Fehlertoleranz, die bei den Umfragen je nach der Zahl der einbezogenen Personen zwischen zwei und 3,8 Prozentpunkten liegt.
Entscheidend wird erneut sein, so zeigt die SZ-Umfrage, wie die Parteien ihre Anhänger und das gute Drittel bislang Unentschiedener und Nichtwähler mobilisieren. Die CDU hat ihre Sympathisanten zu 86 Prozent auf Herbert Wagner eingeschworen (in der Mai-Umfrage waren es 84 Prozent). Auch das ist noch zu verbessern, denn neun Prozent der CDU-Anhänger wollen Berghofer und vier Prozent Roßberg wählen.
Bei den Roßberg unterstützenden Parteien gibt es die größten Entwicklungen bei der PDS. Von deren Anhängern votieren im Vergleich zum Mai statt 74 nur noch 71 Prozent für Roßberg, dafür entscheiden sich jetzt 16 Prozent für Berghofer und zwölf für Wagner. Bei den SPD-Sympathisanten entscheiden sich zwar auch neun Prozent für Berghofer, aber trotzdem kann die SPD mit 76 Prozent mehr Wähler als bisher für Roßberg mobilisieren, weil sich weniger für Wagner entscheiden und die Ärztin Friederike Beier nicht mehr kandidiert. Bündnisgrüne und FDP-Freunde stehen mit rund 90 Prozent klar hinter Roßberg.
Den Ausschlag könnten auch junge Wähler geben. 60 Prozent der 18- bis 29-Jährigen bevorzugen Roßberg, nur 30 Prozent Wagner. In allen anderen Altersgruppen liegen die beiden Kandidaten gleichauf. Roßberg hat also seinen Gesamtvorsprung von vier Prozentpunkten jungen Leuten zu verdanken. Die aber gehen am Ende - das belegt die Erfahrung - seltener zur Wahl als die Älteren.
(Jörg Marschner)